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Generation dicke Kinder? Der Staat jagt ein Phantom – mit Zwangsmaßnahmen!

Pressemitteilung

Deutschland – Auf der 14. Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK) am 15. Juni 2018 in Saarbrücken lautete die einhellige Einsicht: „Zum Schutz vor krankhaftem Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen brauchen wir ein Werbeverbot für ungesunde Kinder-Lebensmittel!“ Die doppelte Crux an dieser Forderung ist nur: Fettleibige Kinder und Jugendliche sind eine absolute Minderheit und die Existenz „ungesunder Dickmacher“ ist wissenschaftlich nicht bewiesen. Warum die Verbraucherminister mit Zwangsmaßnahmen einem Phantom nachjagen, das wissen sie selbst nicht genau*.

Aktuell existiert nur eine einzige Verlaufsstudie, die umfassende Längsschnittdaten zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (Vergleich 2006 zu 2017) liefert (Vergleich 2006 zu 2017). Und diese aktuellen Daten der 2. Welle der KiGGS-Studie des Robert Koch-Instituts (RKI) zeigen klar und deutlich[1]: Die von Ernährungsaposteln kolportierte „Generation dicker Kinder“, die durch ungesunde Ernährung immer fetter und kranker werde, ist nicht mehr als ein Mythos: 97 Prozent der Eltern bewerten den Gesundheitszustand ihrer 3- bis 17-Jährigen Kinder als gut oder sehr gut. Nur 5.9 Prozent sind adipös (nahezu unverändert 2006 zu 2017). Dabei lebt der fettleibige Nachwuchs mit 9.8 Prozent primär in sozial schwachen Schichten, in der Oberschicht sind es nur 2.3 Prozent (Mittelschicht 4.9). Wenn sich die Politik also um fettleibige Kinder kümmern möchte, dann sollte sie gezielt Kampagnen für sozial Schwache auflegen – das macht aber niemand, denn der Schuss geht öffentlichkeitswirksam betrachtet nach hinten los (Stichwort „Diksriminierungs-Shitstrom“). Also wird so getan, als beträfe das „Massenphantom Kinderspeck“ den gesamten Nachwuchs in diesem Lande gleichermaßen, um sich anschließend auf Basis dieser Fake-News mit generischen Gießkannenmaßnahmen politisch zu profilieren.

AOK & IDEFICS bestätigen KiGGS

Aber das ist nicht der einzige Denkfehler im System. 94.1 Prozent des hiesigen Nachwuchses sind nicht fettleibig und hinzu kommt: Bereits seit der Jahrtausendwende ist kein Anstieg der juvenilen Adipositasquote zu verzeichnen. Die aktuellen RKI-Daten sind zwar einzigartig, aber sie stehen nicht allein da – denn KiGGS wird sowohl durch vorherige Studien als auch auf Basis neuester Daten des AOK-Kinderreports und den jüngsten Einschulungsuntersuchungen der Landesministerien bestätigt. So belegen neben den aktuellen RKI-Ergebnissen auch die jüngsten AOK-Daten aus September 2017, dass im Nordosten der Republik (Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern) der Anteil nicht-fettleibiger Kinder und Jugendlicher wie in KiGGS-2 bei 94.1 Prozent liegt[2]. Im Vergleich zur Analyse fünf Jahre zuvor ist diese Quote nahezu konstant geblieben. Bereits 2014 hatte die große paneuropäische Studie IDEFICS unter Leitung des Leibniz-Instituts für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS), Bremen gezeigt[3]: Bei den unter 10-Jährigen Mädchen und Jungen sind 72-75 Prozent normalgewichtig, 3.8 Prozent der Jungen adipös, jedoch fast drei Mal so viel untergewichtig (10.8 Prozent | Mädchen 5.6 adipös, 9.3 untergewichtig). Bei der IDEFCS-Folgestudie I.Family sind vergleichbare Ergebnisse zu erwarten[4].

Schuleingangsuntersuchungen: Ja wo sind sie denn, die dicken Kinderchen?

Auch die aktuellsten Einschulungsuntersuchungen der Landesgesundheitsämter zeigen klar und deutlich, dass Adipositas nicht mehr ist als eine biologisch-normale „Randerscheinung“: In Baden-Württemberg waren 2.8 Prozent der Kinder bei der Einschulungsuntersuchung zum Schuljahr 2014/2015 adipös, im Freistaat Bayern mit 3.2 Prozent nur marginal mehr. In Rheinland-Pfalz und Niedersachsen lag die Quote bei je 4.5 Prozent, in NRW bei 4.7 Prozent. Im Umkehrschluss heißt das: Zwischen 95,3 und 97,2 Prozent der Erstklässler sind nicht fettleibig. In Niedersachsen sind beispielsweise mehr eingeschulte Jungen (stark) untergewichtig (10.7 Prozent) als übergewichtig und adipös zusammen (10.2 Prozent)[5].

Paradoxe Forderung „Werbeverbot“

Als wäre die bewusste Datenfehlinterpretation und die daraus abgeleitete Jagd auf ein fettes Phantom nicht schon genug an „Ungereimtheiten“, so werden zu allem Überdruss auch noch Zwangsmaßnahmen gefordert, für die es keine wissenschaftliche Evidenzgrundlage gibt. Denn: Wie kann man ein Werbeverbot für „ungesunde Dickmacher“ fordern, wenn kein Kausalbeweis existiert, dass spezielle Inhaltsstoffe oder Lebensmittel dick und krank machen? Das ist ein kleines kulinarisches Paradoxon, zu dem die VSMK keine konkrete Stellung beziehen möchte*. Dazu erfahren Sie in Teil 2 dieses XING INSIDER-Themas mehr – genauso wie zur Gretchenfrage:

Was soll ein deutschlandweites Werbeverbot für „ungesunde Dickmacher“ bringen, wenn einerseits 94.1 Prozent der Kinder und Jugendlichen nicht fettleibig sind und andererseits der wissenschaftliche Beweis für „ungesunde Lebensmittel“ bis dato nicht geliefert werden konnte und auch niemals vorliegen wird?

Hier geht’s zu Teil 2 der “Aufklärungs-Trilogie”.

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QUELLEN

[1] KiGGS-Daten 2. Welle, RKI, 15.03.2018

[2] AOK-Kinderreport Nordost 2017

[3] Prevalence of overweight and obesity in European children below the age of 10; International Journal of Obesity (2014) 38, S99–S107

[4] Ergebnisse der I.Family-Studie vorgestellt; BIPS, 09.02.2017

[5] Body Mass Index (BMI) bei Kindern zum Zeitpunkt der Schuleingangsuntersuchung nach Geschlecht, Landesgesundheitsamt Niedersachsen, 2017

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*VSMK: Des Saarlands anonyme „Weiße Weste“

Auf Nachfrage beim Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, dessen Minister Reinhold Jost Vorsitzender der Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK) 2018 ist, wurden folgende essenzielle Fragen nicht beantwortet:

  1. Welche Daten belegen eindeutig evidenzbasiert, dass welche Lebensmittel juvenile Adipositas kausal fördern?

  2. Seit ca. 20 Jahren ist kein Anstieg der juvenilen Adipositasrate zu verzeichnen … Auf Basis welcher Daten erwarten Sie, dass ein Werbeverbot für vermeintliche Dickmacher diese Quoten noch weiter senken kann?

  3. Hat die VSMK auch gezielt das Gros der 9.8% fettleibiger Kinder & Jugendlicher im Visier, d.h. werden Sie auch Maßnahmen fordern & umsetzen, die sich ganz gezielt an diese Zielgruppe mit niedrigem SES (sozioökonomischem Status) richtet?


Stattdessen kam eine „anonymisierte“ Antwort als PDF auf komplett weißen Hintergrund, ohne Absender, ohne Kontaktdaten, ohne Logo, das nur „Mit freundlichen Grüßen“ abschloss (ergo: unkommentiert weitergeleitet wüsste der Empfänger nicht, wer Verfasser dieses Schreibens ist) und auf 3 Seiten erklärte, kurz gefasst: Werbung beeinflusse Kinder insofern, dass diese die beworbenen Lebensmittel verstärkt nachfragen und konsumieren.

Daran zweifelt auch niemand. Das ist Sinn und Zweck von Werbung. Was jedoch fehlt ist das essenzielle Bindeglied der Kausalkette: Welche Beweise liegen vor, dass die beworbenen und marginal mehrverzehrten Produkte zu kindlicher Fettleibigkeit kausal beitragen (die seit 20 Jahren nicht mehr ansteigt)? Zu diesen o.a. Fragen 1-3 bezog das Verbraucherschutzministerium Saarland keine Stellung.

Letztlich könnte man die Saarland-Argumentation auch für einen vermeintlich gesunden „Dinkelburger mit Vollkornbratling mit Salat und Tomate“ oder den „Natur-Nuss-Mix“ anführen: Auch hier wäre sicher eine Tendenz zum Mehrverzehr gegeben, wenn der Werbespot kindgerecht deren Bedürfnisse triggert („Super-Burger für Super-Kräfte“) – und der Gesundburger sowie die Nüsse schmecken. Aber auch diese Kalorien, besonders die der megafettigen Nüsse, können dick machen. Können, wohlgemerkt, können.