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Geplantes Versorgungsstärkungsgesetz gefährdet die Patientenversorgung

Kommentar

Nürnberg –

Kommentar
Prof. Dr. Götz Geldner, Präsident des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten e. V. zum Entwurf des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Versorgungsstärkungsgesetz)

Lange Wartezeiten auf einen Termin beim Facharzt oder die viel diskutierte Über- und Unterversorgung mit Fachärzten in der Stadt und auf dem Land sind nur einige Punkte, bei denen das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage der medizinischen Versorgung in Deutschland deutlich wird. Die Gründe hierfür sehen wir beim Gesetzgeber und nicht bei den (Fach-)Ärzten: Die Politik hat über Jahre hinweg ein Gesundheitssystem aufgebaut, das einerseits medizinische Leistungen budgetiert, reglementiert und damit einschränkt. Andererseits hat sie der Bevölkerung mit der Versichertenkarte “Blankoschecks” an die Hand gegeben, die den Fehlanreiz setzen, diese Leistungen maximal zu nutzen. Das geplante Gesetz verfehlt sein Ziel der Versorgungsstärkung, schlimmer noch: Es bewirkt das Gegenteil.

Besonders die Debatte um zu lange Wartezeiten wird medial genutzt, ambulant tätige Fachärzte zu diskreditieren. Wenn das Angebot der medizinischen Versorgung im Vergleich zum Bedarf zu gering ist, kann die Lösung nicht in den Ansätzen des sogenannten Versorgungsstärkungsgesetzes liegen.

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass

  • freie Arztsitze in überversorgten Gebieten von den Kassenärztlichen Vereinigungen eingezogen bzw. aufgekauft werden können.
    Dies führt unserer Einschätzung nach zu einem weiteren Abbau von Facharztpraxen. Dadurch werden Wartezeiten eher länger und lange Anfahrtswege müssen zusätzlich in Kauf genommen werden. Für Praxisinhaber wird es zunehmend schwieriger, Nachfolger zu finden.
  • neu geschaffene “Service-Stellen” bei den Kassenärztlichen Vereinigungen Patienten bei Terminvereinbarungen für schnellere Facharzt-Termine unterstützen, indem sie Termine bei weiter entfernten Ärzten oder sogar im Krankenhaus auf Kosten der praxisambulanten Versorgung vermitteln.
    Damit schränkt der Gesetzgeber die freie Arztwahl für Patienten ein und Krankenhäuser stehen neuen Anforderungen gegenüber. Ein Teufelskreis, da den Krankenhäusern schon heute zur Erfüllung ihrer derzeitigen Aufgaben nicht genügend Personal zur Verfügung steht. Der Facharzt-Standard ist ebenfalls nicht mehr gesichert, da der Gesetzesentwurf vorsieht, dass die Behandlung im Krankenhaus nicht zwingend durch Ärzte mit einer abgeschlossenen Facharztweiterbildung zu erfolgen hat. Außerdem werden auch hier zur Erreichung eines zeitnäheren Termins weite Wege von Patienten in Kauf genommen werden müssen.
  • Gemeinden Medizinische Versorgungszentren gründen dürfen. Der Gesetzentwurf macht keine Vorschläge in Hinblick auf die Finanzierung des Personals (Stichwort: Fachärztemangel)
  • das Recht der Patienten auf eine Zweitmeinung gesetzlich verankert werden soll.
    Was viele nicht wissen: Dieses Recht existiert schon heute. Durch seine Verankerung im Gesetz wird die Inanspruchnahme von Fachärzten noch einmal deutlich gesteigert; die Wartezeiten steigen mit.

Die Deutschen Anästhesisten sind nicht nur in ihrer Kernkompetenz der Gewährleistung der Patientensicherheit verpflichtet. Als fachübergreifend ausgebildete Fachärzte verstehen wir unsere soziale Verantwortung auch darin, Fehlentwicklungen im deutschen Gesundheitswesen aufzuzeigen, wenn wir die Bedürfnisse der Patienten eklatant gefährdet sehen.

Deshalb fordere ich in meiner Funktion als Präsident des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten e. V. den Gesetzgeber auf, diesen Entwurf nicht weiter in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen. Der Entwurf geht von falschen Grundannahmen aus und beseitigt nicht die Krankheit des Gesundheitssystems, sondern vertuscht Symptome.