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Krankenhäuser immer noch auf der Intensivstation

Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland/ Ausgabe September 2008

Essen – Nicht zum ersten Mal verurteilt die „Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland“ in ihrem Leitartikel die dramatische Unterfinanzierung der deutschen Krankenhäuser. Dass weder die für eine ausreichende Deckung der Kosten zuständigen Gesundheitspolitiker noch die für Investitionen verantwortlichen Bundesländer ihren Verpflichtungen nachkommen, ist und bleibt ein Skandal. Deckelung des Budgets, Sanierungsbeiträge, fehlender Ausgleich bei steigenden Lohnkosten und ein gigantischer Investitionsstau: das sind nur einige der Missstände, die viele Krankenhäuser in Deutschland auf das finanzielle Aus zusteuern lassen. Geradezu verzweifelt versucht das neu gegründete Aktionsbündnis NRW „zur Rettung der Krankenhäuser“, die Öffentlichkeit auf die katastrophalen Folgen aufmerksam zu machen, bisher ohne sichtbaren Erfolg. Der Kommentar der „Neuen Allgemeinen“ befasst sich mit dem skandalösen Verhalten von Bundestagsabgeordneten – Mitgliedern des Gesundheitsausschusses – auf einer „Informationsreise“ auf Staatskosten nach Kalifornien.

Die „Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland“ erscheint in einer Auflage von 1 Million Exemplaren und ist kostenlos in Apotheken erhältlich.

Aktionsbündnis NRW: Der Sanierungsbeitrag muss weg KRANKENHÄUSER GEHEN AUF DIE BARRIKADEN

6.00 Uhr morgens, Dienstbeginn im Krankenhaus. Die Nachtwache der Station übergibt die Geschehnisse der vergangenen Stunden an den Frühdienst. Zwei pflegebedürftige Patienten wurden bereits gewaschen. So gegen 5.00 Uhr, um den Frühdienst zu entlasten, der mit drei examinierten Pflegekräften und zwei Auszubildenden völlig unterbesetzt ist. Denn die nächsten acht Stunden quellen über vor Arbeit: Rund 40 Patienten müssen versorgt werden. Die Pflegekräfte messen Blutdruck, Puls und Temperatur, viele Patienten benötigen Unterstützung bei der Körperpflege. Betten müssen gemacht und Infusionen angeschlossen werden. Gleichzeitig klingelt das Telefon, der erste Patient soll in den OP. Mittlerweile sind die Pflegekräfte nur noch zu viert. Eine Auszubildende ist mit einem Patienten auf dem Weg zu einer Untersuchung. Hilfe bekommt sie trotz des hohen Gewichts des Bettes nicht. Im morgendlichen Stress kann nicht noch eine Arbeitskraft die Station verlassen.

Was sich anhört wie das Storyboard einer amerikanischen Krankenhausserie, ist in Wirklichkeit Alltag in vielen deutschen Kliniken. Zur Reduzierung des pflegerischen und ärztlichen Personals aus Kostengründen kommt ein Berg an Bürokratie. Der soll die Qualität der Versorgung verbessern, hält tatsächlich aber die Mitarbeiter von ihrer eigentlichen Arbeit ab. „Heute versorgt eine Pflegekraft fast 25 Prozent mehr Fälle als 1995. Dem drohenden Szenario der ‘gefährlichen Pflege’ muss rasch begegnet werden“. so Sylvia Bühler, Leiterin des Landesfachverbandes Gesundheit der Gewerkschaft ver.di in einem Statement vom 13. August.

Dass das Maß bei allen Beteiligten voll ist, zeigt die Bildung des Aktionsbündnisses NRW „zur Rettung der Krankenhäuser – Der Deckel muss weg!“. Beteiligte verschiedener Berufsgruppen wollen die Öffentlichkeit gemeinsam über Missstände im Bereich der Krankenhausfinanzierung informieren und protestieren vehement gegen die Fehlentscheidungen der Politik. Die Krankenhausgesellschaft NRW kämpft zu diesem Zweck Seite an Seite unter anderem mit den Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe, dem Marburger Bund NRW/Rheinland-Pfalz, dem Pflegerat NRW und dem Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands/ Landesgruppe NRW.

Der Abbau des gewaltigen Investitionsstaus, ein Ende der „Deckelung“ des Krankenhausetats und die sofortige Streichung des „Sanierungsbeitrages“ – das sind einige der Forderungen, mit denen die zwölf Verbände auf einer Berliner Großdemonstration am 25. September dieses Jahres die politisch Verantwortlichen konfrontieren werden. Insbesondere die Begründung der Gesundheitspolitiker für die Erhebung des „Sanierungsbeitrags“ erregt in Fachkreisen Aufsehen: Als größter Ausgabenfaktor seien die Krankenhäuser mitverantwortlich für den chronischen Geldmangel in der GKV. Deshalb müssten sie sich auch an der Sanierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) beteiligen. Eine absurde Erklärung, bedenkt man, dass die Budgets der Krankenhäuser seit Jahren gedeckelt werden – mit Folgen, die den Gesundheitspolitikern längst bekannt sind und die sie dennoch ignorieren, mögen sich Patienten, Pflegepersonal und Ärzte auch noch so sehr beklagen. Immerhin: Die verantwortlichen Politiker aus Bund und Ländern haben angekündigt, den Beitrag im Jahr 2009 abzuschaffen. Noch bleibt abzuwarten, was aus diesem Versprechen wird.

Der finanzielle Aderlass der Krankenhäuser macht sich auch bei den Ärzten in drastischer Form bemerkbar. „In Folge der seit Jahren zu beobachtenden Intensivierung und Verdichtung der pflegerischen und ärztlichen Arbeit in den Krankenhäusern fällt zwangsläufig die Zuwendungszeit für die Patienten immer kürzer aus“, beklagt Rudolf Henke, Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer und 1. Vorsitzender des Marburger Bundes. „Die ständige Akkordarbeit am Krankenbett ist ein maßgeblicher Grund für den Burnout und den Exodus vieler ärztlicher Kolleginnen und Kollegen ins Ausland.“ Die „Bestrafung“ der Krankenhäuser, die nicht nur durch den Sanierungsbeitrag erfolgt, ist besonders geschmacklos, da kein Ausgabenproblem der Grund für die schlechte finanzielle Situation unseres Gesundheitswesens ist, sondern ein Einnahmenproblem. Es ist eben nicht nur die Finanzierung über Lohnnebenkosten, die bei hoher Arbeitslosigkeit für die finanzielle Schieflage der GKV sorgt: Die „Plünderung“ der Sozialkassen zur Finanzierung der Wiedervereinigung trägt ebenso ihren Teil zur chronischen Unterfinanzierung des Gesundheitswesens bei, wie eine im Europavergleich schamlos hohe Mehrwertsteuer auf Arzneimittel oder die Tatsache, dass die Arbeitsverwaltung – um die Verteilung ihrer Milliardenüberschüsse streiten die Politiker gerade – nur den halben Beitrag für die Arbeitslosen an die GKV überweist. Das alles ließe sich ändern.

Das Aktionsbündnis NRW sieht für die Zukunft der Krankenhäuser in Deutschland schwarz, sollten die Gesundheitspolitiker nicht umdenken. Abbau von Arbeitsplätzen, Rationierung medizinischer Leistungen, Einführung von Behandlungswartelisten, eingeschränkte Notfallbehandlung, weite Anfahrtswege und Überalterung der medizintechnischen Ausstattung – so lautet die schmerzhafte Prognose der Verbände. Eine Prognose, die keineswegs nur für Nordrhein-Westfalen gilt.

Das Aktionsbündnis NRW „zur Rettung der Krankenhäuser – der Deckel muss weg!“ und das bundesweite Aktionsbündnis „Rettung der Krankenhäuser“ wehren sich. Die Politik wird es ignorieren.

„SANIERUNGSFALL“ GESUNDHEITSAUSSCHUSS Ein Kommentar der Redaktion

Abgeordnete genießen Immunität. Das ist in § 46 des Grundgesetzes geregelt. Wohl deshalb scheren sie sich keinen Deut um mögliche Konsequenzen ihres Tuns oder vielmehr – ihres Lassens. Das geht auch aus einem Bericht des Generalkonsuls Rolf Schütte in San Francisco an das Auswärtige Amt hervor. Inhalt des Rapports waren die Begleitumstände einer „Informationsreise“ von Mitgliedern des Gesundheitsausschusses nach Kalifornien. Der Bericht liegt dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“ vor. Stimmen die Angaben, dann hat SPD-Mann Randolph Krüger, Sekretär des Ausschusses, gefordert, man möge die Reise „nicht mit inhaltlichen Terminen überfrachten“. Dabei sind die horrenden Reisekosten nur zu rechtfertigen, wenn die Beschaffung von Informationen über die Fehler und Auswüchse des amerikanischen Gesundheitswesens an erster Stelle steht. Stattdessen besucht man lieber Theateraufführungen, Konzertveranstaltungen und Schuhgeschäfte – danach wurde explizit gefragt. Und man sagt ein Treffen mit extra aus Washington angereisten US-Gesundheitspolitikern ab, weil „Sightseeing“ wichtiger ist. So sieht denn der Daheimgebliebene plötzlich klar: Vermutlich darum werden alle Maßnahmen, die in den USA den Kollaps des Gesundheitswesens verursacht haben, mit Zeitverzögerung auch in Deutschland eingeführt. Unsinnige „Informationsreisen“ unserer Gesundheitspolitiker müssen eben unsinnige Ergebnisse haben. Ein Lob dem deutschen Generalkonsul, der diese Zusammenhänge deutlich machte.