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Arzeimittelsicherheit versus Liberalisierung

Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland / Ausgabe Juli 2008

Essen – Wird die FDP über ihren eigenen Schatten springen? Wird sie dabei helfen, die Arzneimittelabgabe wieder in die bewährten und sicheren Hände der “Apotheke um die Ecke” zurückzugeben? Wird sie sich also für die Arzneimittelsicherheit und damit für den Schutz der Bevölkerung vor Arzneimittelfälschungen entscheiden? Oder wird sie weiterhin liberalisierten Märkten das Wort reden, auch dort, wo freie Märkte unsinnig, ja sogar gefährlich für den Verbraucher sind?

Diesen und anderen Fragen zum Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, dessen unnötige Freigabe durch die Bundesregierung von Experten längst als gravierendes Sicherheitsrisiko angeprangert wird, geht die “Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland” in ihrem Leitartikel in der Juli-Ausgabe nach.

Der Kommentar der Juli-Ausgabe beschäftigt sich mit der kuriosen Haltung der Krankenkassen, die doch besonders an der Unversehrtheit ihrer Mitglieder interessiert sein müssten und sich dennoch vehement für den Versandhandel auch der verschreibungspflichtigen Arzneimittel aussprechen. Vorteile haben sie davon nicht. Cui bono also?

Die “Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland” erscheint in einer Auflage von 1 Million Exemplaren und ist kostenlos in Apotheken erhältlich.

FDP vor der Entscheidung: Liberalisierung oder Patientenschutz Freie Fahrt für Pillenfälscher?

Zwei Männern gefällt ein solides Haus nicht mehr. Sie meinen, es unbedingt modernisieren zu müssen, ohne Erfahrung auf diesem Gebiet zu haben. Als erstes beginnen sie, die tragenden Pfeiler einzureißen. „Was macht ihr da? Das Haus wird zusammenfallen, wenn ihr die Pfeiler entfernt“, ruft ein erfahrener Bauingenieur, der gerade vorbeikommt. „Die Pfeiler gibt es schon zu lange, darum müssen sie weg“, antworten die beiden Männer.

Ungefähr so kann man sich vorstellen, was seit Jahren in unserer Gesundheitspolitik geschieht. Politiker treffen Entscheidungen, die die Bausubstanz unseres einst vorbildlichen Gesundheitssystems in unverantwortlicher Weise gefährden. Erfahrene Experten – dazu zählen Fachleute aus dem Krankenhauswesen ebenso wie Ärzte, Apotheker und Spezialisten aus allen Berufsgruppen der Gesundheitswirtschaft – bleiben ungehört.

Einer der tragenden Pfeiler, der seit Jahren sozusagen mit dem Presslufthammer bearbeitet wird, ist die Arzneimittelsicherheit. In der Vergangenheit legte der Staat höchsten Wert auf sichere Arzneimittel und die Verhütung von Medikamentenmissbrauch. Daher waren Arzneimittel ausschließlich in der Apotheke erhältlich, weil nur dort fachkundiges Personal in der Lage ist, den Patienten persönlich und angemessen zu beraten.

Die Gefahr, in Deutschland an ein gefälschtes Medikament zu gelangen, tendierte seinerzeit gegen Null. Mit dem Internet jedoch wurden Wünsche wach, Arzneimittel online anzubieten und zu verschicken. Als daraufhin das Versandhandelsverbot vor einigen Jahren von der Politik leichtfertig und trotz aller Warnungen gekippt wurde, entdeckten nicht nur seriöse Anbieter diesen Markt für sich.

Doch die fatalen Folgen werden von interessierten Kreisen in Politik und Wirtschaft – ja, sogar von den Krankenkassen – bis heute bagatellisiert. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes ist die Zahl der Arzneimittelfälschungen dramatisch gestiegen. Die Behörde empfiehlt daher, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten zu verbieten. Dieser Ratschlag, der auch schon von vielen anderen versierten Stellen geäußert wurde, wird vom Bundesgesundheitsministerium konsequent ignoriert. Selbst die Verbraucherzentrale gibt hier zweifelhafte Tipps: Der Endverbraucher solle prüfen, ob der Onlineshop ein vollständiges Impressum mit Adresse, Steuernummer und Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausweist. Doch was hält einen kriminellen Arzneimittelfälscher davon ab, in eine professionelle Internetseite auch ein seriös wirkendes Impressum einzubauen? Dass gefälschte Internetseiten einfach zu erstellen sind, stellte bereits Prof. Dr. Schweim von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn sehr anschaulich dar. Er entwickelte im Rahmen eines Experiments eine Website mit dem Namen „Fake-Apotheke“. Diese erfüllte alle Anforderungen eines seriösen Shops und war von einem solchen nicht zu unterscheiden. Fakt ist: Eine Differenzierung ist dem durchschnittlichen Endverbraucher offensichtlich nicht möglich!

Doch es gibt Hoffnung. Politische Instanzen beginnen, sich über diesen Sachverhalt Gedanken zu machen. Im Juni brachte das Bundesland Bayern eine Bundesratsinitiative ins Rollen, die den Versand mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verbieten soll. „Mit unserer Initiative sichern wir die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigen Medikamenten und tragen zugleich zum Erhalt unserer mittelständisch geprägten Apothekenlandschaft bei”, so Ministerpräsident Dr. Günther Beckstein (CSU) zur von Gesundheitsminister Dr. Otmar Bernhard (CSU) angestoßenen Initiative. „Wir brauchen auch in Zukunft die fachlich fundierte, persönliche Beratung in der Apotheke.“

Helma Orosz (CDU) kündigte bereits Anfang Juni eine ähnliche Bundesratsinitiative an. Die Gesundheitsministerin des Freistaates Sachsen beklagt in diesem Zusammenhang das Düsseldorfer Gerichtsurteil, das es einer Drogeriekette erlaubt, neben Lippenstift und Bodylotion auch verschreibungspflichtige Medikamente an den Endverbraucher zu übergeben. Dieses Prinzip funktioniert ähnlich der Bestellung von Fotos. Beratung? Fehlanzeige! „Mit diesem Urteil droht die Entwicklung des klassischen Versandhandels hin zu schwer überschaubaren Varianten mit von Dritten betriebenen Diensten. Und das bei hochwirksamen Arzneimitteln, die zwischen Schuhcreme und Videokassetten wirklich nichts zu suchen haben“, so die Ministerin.

Doch es sind nicht nur CDU und CSU, die die Sicherheit für den Verbraucher hoch einschätzen. Auch Berlin, regiert von einer Koalition aus SPD und der Linken, und Mecklenburg-Vorpommern, geführt von einer SPD-CDU-Koalition, schließen sich der Initiative an. Das lässt auf weitere Unterstützung aus den Ländern hoffen. Doch längst nicht jeder nimmt die Gefahr, die vom Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ausgeht, ernst. Ganz vorne auf der Liste der Gegenspieler steht die FDP. In Nordrhein-Westfalen wurde eine von Karl-Josef Laumann (CDU), Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, geplante Initiative im Bundesrat vermutlich durch den Widerstand der FDP ausgebremst. Ihr „Allheilmittel“ für alle Problemfälle – die Liberalisierung der Wirtschaft um jeden Preis – möchte die FDP auch auf dem Markt für Arzneimittel durchsetzen. Doch der eignet sich aus Gründen der Arzneimittelsicherheit, der Verhinderung von Medikamentenmissbrauch und der flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung rund um die Uhr zu Recht nicht für eine Liberalisierung. Das aber scheint die FDP nicht anzufechten. Doch ist es gesundheitspolitisch zu vertreten, dass eine freie Marktwirtschaft Vorrang hat vor der Sicherheit und der Gesundheit der Bevölkerung?

Die FDP sollte nachdenken. Und dann sollte sie dabei helfen, die stützenden Pfeiler des Gesundheitswesens zu stärken, statt zu deren Abriss beizutragen.

Krankenkassen – denn sie wissen nicht, was sie tun Ein Kommentar der Redaktion

Was ist nur los mit Deutschlands Krankenkassen? Geht es um den eigenen Kopf – Verzeihung, Topf – dann greifen die Vorstands-vorsitzenden der Kassen landauf, landab in Zeitungen, Fernsehsendungen und öffentlichen Veranstaltungen vehement den letzten (?) Coup der Gesundheitsministerin an: die Einführung des „Gesundheitsfonds“. Sie brandmarken ihn – zu Recht! – als Verwaltungsmonster, das 2009 der Gesetzlichen Krankenversicherung mit ihren vielen unterschiedlich strukturierten Krankenkassen einen sozialistischen Einheitsbrei überstülpen wird. Sie versuchen – zu Recht! –, Politiker und Experten zu mobilisieren, um vielleicht doch noch das Schlimmste zu verhindern. Sie flehen – zu Recht! – Angela Merkel an, dem Spuk ein Ende zu bereiten – ohne daran zu denken, dass der in der damaligen DDR sozialisierten Bundeskanzlerin das Weltbild Ulla Schmidts näher ist als das der CSU. Und sie spüren – zu Recht! –, dass es unmöglich ist, der Politik und einer desinformierten Öffentlichkeit die negativen Folgen einer unsinnigen Reform klarzumachen. Patienten, Krankenhäuser, Ärzte und Apotheker wissen ein Lied davon zu singen. Wenn überhaupt, so müssten die Chefs der Krankenkassen folgern, lässt sich politisch nur gemeinsam etwas unternehmen gegen „die Torheit der Regierenden“. Stattdessen aber weiter „jeder gegen jeden”. Und so setzen sich die Vorstandsvorsitzenden Ingo Kailuweit, Kaufmännische Krankenkasse Halle (KKH) und Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, Gmünder Ersatzkasse (GEK), denn auch vehement für den Erhalt des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln ein, ungeachtet der Bedenken von Bundeskriminalamt, Fachleuten und Politikern in Bund und Ländern. Quer durch alle Parteien haben diese längst erkannt, dass der Staat seine Schutzfunktion – vor Jahren leichtfertig aufgegeben – wieder wahrnehmen muss, um Schaden von der Bevölkerung abzuwenden. „Freie Marktwirtschaft“ nennt Kailuweit den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten. Freie Marktwirtschaft vor Patientensicherheit? Was ist nur los mit Deutschlands Krankenkassen?