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Chronisch Kranke werden im Südwesten besser versorgt

Wissenschaftliche Untersuchung des AOK-Hausarztvertrages in Baden-Württemberg belegt jetzt:

Berlin – Wer am Hausarztvertrag der AOK Baden-Württemberg teilnimmt, wird besser versorgt. Das belegen die Ergebnisse unabhängiger wissenschaftlicher Untersuchungen, die am Freitag (15.06.2012) beim Hauptstadtkongress in Berlin erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wurden. Die Universitäten Frankfurt/Main und Heidelberg kommen dabei nicht nur zu dem Schluss, dass insbesondere chronisch kranke Patientinnen und Patienten besser und strukturierter versorgt werden als in der Regelversorgung.

Teilnehmende Hausärzte sind auch mehrheitlich mit ihrem Beruf zufriedener und sehen im Hausarztvertrag die bessere Versorgungsform. So lautet das Forscherfazit: Hausarztverträge nach dem Baden-Württembergischen Vorbild bieten Hausärzten und ihren Praxisteams die notwendigen Arbeitsbedingungen, um Verantwortung für die künftige Versorgung einer immer älter und gesundheitlich bedürftigeren Bevölkerung zu übernehmen.

Deshalb und auch angesichts der 1,1 Millionen teilnehmenden Versicherten sowie 3.500 Hausärzte sind sich die Vertragspartner AOK, Deutscher Hausärzteverband und MEDI Verbund in ihrer Forderung an die Politik einig. Diese müsse ihre Verhinderungshaltung aufgeben und endlich bessere Rahmenbedingungen für Direktverträge nach dem Baden-Württemberg-Muster schaffen.

Prof. Dr. Joachim Szecsenyi von der Universität Heidelberg, einer der beiden Studienleiter, fasst die ersten Kernergebnisse der Untersuchung zusammen: „Die Patienten sind insgesamt zufriedener und fühlen sich umfassender betreut als die Vergleichsgruppe in der Regelversorgung – dem System der Kassenärztlichen Vereinigung. So werden besonders chronisch Kranke vom Hausarzt intensiver betreut. Sie haben mit ihrem Arzt im Schnitt pro Halbjahr fast zwei Kontakte mehr. Gleichzeitig sehen wir, dass unkoordinierte Facharztbesuche um rund 30 Prozent zurückgehen“. Dr. Berthold Dietsche, Chef des Hausärzteverbandes Baden-Württemberg, sieht damit auch alle Kritiker des Südwestvertrages widerlegt.
Vorhaltungen in Richtung Abschiebung der schwierigen Behandlungsfälle wegen weitgehend auf Pauschalen beruhender klarer Arzthonorierung seien jetzt ein für alle Mal passé. Mehr noch: „Der Hausarzt kann sich nun endlich wieder intensiver um seine Patienten kümmern und deren Behandlung im Sinne seiner Lotsenfunktion besser koordinieren“ so Dr. Werner Baumgärtner, Vorsitzender des MEDI-Verbundes.

Ein weiterer Beleg für die erhöhte Betreuungsintensität sind laut Szecsenyi die Einschreibequoten in strukturierte Behandlungsprogramme für chronisch kranke Patienten (DMPs): „Sie waren unter den Vertragsteilnehmern zum Teil doppelt so hoch wie in der Vergleichsgruppe. Das ist besonders wichtig, weil durch diese Programme Krankheitskomplikationen nachweislich verringert werden können.“

Durch die Studien ist es jetzt auch nachgewiesen: Die Hausärzte selbst profitieren von der Teilnahme am Hausarztvertrag. Trotz etwas stärkerer Arbeitsbelastung fühlen sich die Ärzte weniger gestresst und sind außerdem motiviert, notwendige Veränderungsprozesse in der Praxisorganisation anzustoßen“, erklärt der zweite Studienleiter, Prof. Dr. Ferdinand Gerlach, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der Goethe-Universität Frankfurt. Gründe dafür sieht Gerlach vor allem darin, dass sich Hausärzte durch die Verträge in ihrer Arbeit wieder aufgewertet fühlen. Und da der Mehraufwand durch ein höheres Einkommen kompensiert werde, steige auch die Arbeitszufriedenheit. Auch der durch den Vertrag verstärkte Einsatz besonders qualifizierten Praxispersonals (sogenannte VERAH = Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis) habe zu einer spürbaren Entlastung für die Hausärzte geführt. Die VERAH unterstützen den Arzt bei Tätigkeiten wie zum Beispiel Hausbesuchen und Medikamentenmanagement.

Insgesamt ist es für den Frankfurter Versorgungsforscher mit dem Hausarztvertrag erstmals gelungen, eine bessere Alternative zur bestehenden Regelversorgung in die Praxis umzusetzen. Gerlach: „Schieflagen in der Versorgung durch das Nebeneinander von Über-, Unter- und Fehlversorgung sind korrigierbar. Der Hausarztvertrag in Baden-Württemberg ist insofern ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und trägt dazu bei, die organisierte Verantwortungslosigkeit in unserem Gesundheitssystem zu beenden. Er sollte Nachahmer finden.“

Für den Vorstandschef der AOK Baden-Württemberg, Dr. Christopher Hermann, bringen es die Studienergebnisse auf den Punkt: „Die AOK Baden-Württemberg investiert mit dem Hausarztvertrag in eine bessere Versorgung ihrer Versicherten, die Hausärzte haben wieder mehr Spaß an ihrem Beruf und das Ganze ist solide finanziert.“ Laut Hermann hat die AOK im vergangenen Jahr rund eine Viertelmilliarde Euro im Rahmen des Hausarztvertrages in die bessere Versorgung investiert. Dieser Betrag werde durch geringere Überweisungen an die Kassenärztliche Vereinigung und durch Wirtschaftlichkeitseffekte insbesondere bei den Arzneimittel- und Krankenhausausgaben refinanziert. „Das ist hervorragend angelegtes Geld, weil es gerade Menschen zu Gute kommt, die schwer krank sind. Rund zwei Drittel der 1,1 Millionen Versicherten, die derzeit am AOK-Vertrag teilnehmen, sind chronisch krank“, so der AOK-Chef weiter. Außerdem befinde sich die AOK Baden-Württemberg auf einem stabilen Wachstumskurs: Im letzten Jahr hätten sich 130 Tausend Versicherte für die AOK im Südwesten neu entschieden, in den ersten fünf Monaten dieses Jahres habe die AOK bereits 50.000 neue Versicherte begrüßen können.