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Trojanisches Pferd: Rabattverträge über patentgeschützte Arzneimittel

Rabattverträge über patentgeschützte Arzneimittel

Berlin – In letzter Zeit schließen Krankenkassen und forschende Arzneimittelhersteller immer öfter langfristige Rabattverträge über Präparate ab, deren Patentschutz in Kürze ausläuft. Diese Praxis kommentiert Pro Generika-Geschäftsführer Peter Schmidt wie folgt:

„Krankenkassen, die solche Vereinbarungen treffen, bringen sich selbst schon auf kurze Sicht um beträchtliche Einsparpotenziale. Denn mit dem Abschluss von Rabattverträgen über patentgeschützte Arzneimittel, deren Laufzeit über den Patentablauf hinausgeht, schotten sie ihren Markt für längere Zeit gegen generische Konkurrenzprodukte ab. Nach dem Patentablauf auf den Markt kommende wirkstoffgleiche Generika haben wegen des Abgabevorrangs der rabattierten Erstanbieterprodukte für die Laufzeit des Rabattvertrages das Nachsehen. Egal wie günstig ihr Preis ist – die Apotheken sind gezwungen, an ihrer Stelle ohne Wenn und Aber Rabattarzneimittel abzugeben.

Bereits zum Zeitpunkt ihrer Markteinführung sind Generika in der Regel aber deutlich preisgünstiger als patentfreie Erstanbieterprodukte. Wegen des harten intragenerischen Wettbewerbs wächst diese Differenz kontinuierlich weiter an. Betrachtet man alle Präparate im generikafähigen Markt, lag der Durch-schnittspreis eines patentfreien Erstanbieterprodukts im November 2008 mit 43,02 Euro um 126,1 Prozent über dem eines durchschnittlichen Generikums (19,03 Euro). Nicht von ungefähr hat die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) 2008 durch die Verordnung und Abgabe preisgünstiger Generika allein auf der Basis der Listenpreise 10 Milliarden Euro gespart. Hinzu kommen die derzeit nicht bezifferbaren Entlastungen durch Rabattverträge.

Ihre unbestritten hohe Qualität und ihr enormer Preisvorteil haben dazu geführt, dass Generika zum Rückgrat der Arzneimittelversorgung geworden sind. Aktuell halten sie im GKV-Markt einen Verordnungsanteil von 61 Prozent. Das Beispiel des Antidepressivums Venlafaxin, dessen Patent im Dezember 2008 ausgelaufen ist, belegt beispielhaft den Siegeszug, den neue generische Substanzen heutzutage antreten. Nach nur vier Wochen war nämlich bereits fast jede zweite verschriebene Venlafaxin-Packung (45,2 Prozent) ein Generikum. Angesichts dieser rasanten Marktverschiebungen ist nur zu verständlich, dass forschende Arzneimittelhersteller versuchen, ihre Marktanteile und ihre Umsät-ze mit Rabattverträgen zu konservieren, die sie vor Patentablauf schließen. Damit wird das Wettbewerbsinstrument der Rabattverträge aber geradezu pervertiert. Rabattverträge bewirken nun einmal in den Marktsegmenten die höchsten kassenindividuellen Preiszugeständnisse, in denen mehrere Anbieter im Wettbewerb stehen. Da beim Abschluss der in Rede stehenden Rabattverträge indes noch keine generischen Konkurrenzprodukte im Markt sind, verfügen die Krankenkassen über keinen Vergleichsmaßstab, mit dessen Hilfe sie die Ra-battangebote forschender Arzneimittelhersteller „eichen“ können. Es besteht daher die latente Gefahr, dass Krankenkassen ihren Vertragspartnern die mit den Rabattverträgen verbundene verlängerte Marktexklusivität für ein Linsengericht verkaufen. Damit fügen sie gleichzeitig der Generikaindustrie schweren Schaden zu. Denn aufgrund ihrer geringen Margen sind die Unternehmen darauf angewiesen, dass die Refinanzierung ihrer Investitionen in neue generische Wirkstoffe unmittelbar nach Patentablauf beginnt. Auch insofern ist das Verhalten der Krankenkassen kurzsichtig.

Pro Generika kann nachvollziehen, dass die Krankenkassen ihre Ausgaben gerade für die teuren patentgeschützten Arzneimittel verringern wollen. Zumal sie Rabattverträge über patentgeschützte Arzneimittel in einem unbürokratischen Verfahren freihändig vergeben können. Insofern gehen Rabattverträge mit forschenden Arzneimittelherstellern aus Verbandssicht grundsätzlich in Ordnung. Die Laufzeit derartiger Vereinbarungen muss aber zwingend mit dem Patentablauf enden. Danach müssen sich alle patentfreien Erstanbieterprodukte ohne jeden Schutzzaun dem uneingeschränkten Wettbewerb mit Generika stellen. Nur so können Krankenkassen und Beitragszahler auch in Zukunft vom intensiven Preiswettbewerb im Generikamarkt profitieren.“