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Ärzte und AOK im Südwesten sehen dringenden gesundheitspolitischen Handlungsbedarf der neuen Bundesregierung
Ärzte und AOK fordern ein Umdenken und den Mut zu Reformen in der Gesundheitspolitik. v.l.n.r: Helmut Mälzer, Berufsverband der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie e. V. (BVOU), Dr. Christopher Hermann, AOK-Baden-Württemberg, Dr. Werner Baumgärtner, MEDI Baden-Württemberg e.V. und MEDI GENO Deutschland e.V., Dr. Berthold Dietsche, Deutscher Hausärzteverband

Ärzte und AOK im Südwesten sehen dringenden gesundheitspolitischen Handlungsbedarf der neuen Bundesregierung

Gemeinsame Pressemitteilung

Berlin, 13. August 2013 – Wirkliche Reformen sind machbar – Schlüssel liegt im umfassenden Qualitätswettbewerb – Schluss mit der 5-Minuten-Medizin

Welche Partei nach der Bundestagswahl im September die neue Regierung auch stellen wird, schon jetzt steht fest, worauf es in den nächsten Jahren im Gesundheitswesen vorrangig ankommen wird: Es sind flächendeckend die richtigen strukturellen Voraussetzungen zu schaffen, um die medizinische Behandlungsqualität zu steigern und die Versorgung der Patienten zu verbessern. Dazu gilt es, Investitionshemmnisse bei Direktverträgen abzubauen, und mehr Wettbewerbselemente einzuführen, die sich positiv auf Qualität und Nachhaltigkeit der Finanzierung auswirken.

Vor nunmehr fünf Jahren haben die Haus- und Facharztverträge von AOK, Hausärzteverband und MEDI im Südwesten einen Prozess in Gang gesetzt, der heute für mehr als 1,1 Millionen Menschen nachweislich eine neue Qualität in der ambulanten ärztlichen Versorgung bringt. Die Zeit der Skepsis und des Zauderns gegenüber Innovationen im Gesundheitswesen sehen die Partner endgültig als beendet an.

Das herkömmliche, zentralistisch gesteuerte Kollektivvertragssystem dreht sich seit Jahrzehnten im Kreis: Weil eine fachbereichsübergreifende Koordinierung der Behandlung fehlt, ist Unter-, Über- oder Fehlversorgung von Patienten die Folge. Hinzu kommt ein intransparentes Vergütungssystem für die Ärzte, das falsche Leistungsanreize setzt und mit großem bürokratischem Aufwand für die Praxen verknüpft ist. Die Vergütung selbst ist oft nicht angemessen und trägt mit dazu bei, dass angehende Ärzte kaum noch bereit sind, sich auf dem Land oder in strukturschwachen Stadtteilen niederzulassen. Schlechte Voraussetzungen, um die ambulante medizinische Versorgung einer immer älter werdenden Bevölkerung mit einer steigenden Zahl chronisch kranker Menschen langfristig sicher zu stellen.

Diesen Problemen begegnen die Vertragspartner im Südwesten seit fünf Jahren sehr effektiv durch die Entwicklung einer neuen Versorgungslandschaft, die einer breiten Ärzteschaft die Möglichkeit zur Teilnahme an Direktverträgen bietet. „Die Zeiten der Skepsis und des Theoretisierens sind vorbei. Die wirkliche Reform des Gesundheitswesens ist überfällig und sie ist machbar. Wir liefern den Beweis: Denn die von uns konsequent und gemeinsam betriebene Ausrichtung auf Qualität, Wettbewerb und Wirtschaftlichkeit zeigt den Weg aus der Sackgasse des Altsystems“, so Dr. Christopher Hermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, am Dienstag (13.08.2013) in Berlin. Die negativen Folgen von Fehlsteuerung und falschen Anreiz-Systemen seien schleichend, deshalb müsse jetzt an den wirklich wichtigen Punkten Stopp gesagt und Veränderungen vorgenommen werden.

Hermann: „Wir brauchen im Herbst nach der Wahl dringend einen gesundheitspolitischen Ruck, der durchs Land geht und den Patienten dorthin rückt, wo er hin gehört: in den Mittelpunkt des Geschehens. Dafür ist ein wettbewerblich orientiertes, solidarisches Versorgungssystem unabdingbar.“ Durch die Verträge sei genau dies im Südwesten mit einer hohen Zufriedenheit von Patienten und Ärzten entstanden. „Der Verlauf unseres Wegs zeigt jetzt in Richtung Krankenhäuser: Bis 2015 wollen wir eine neue ambulante und stationäre Vollversorgung unseren Versicherten anbieten können“, bestätigt der AOK-Chef.

Die Verträge in Baden-Württemberg geben rund 3500 teilnehmenden Hausärzten und knapp 1000 Fachärzten eine neue berufliche Perspektive: durch ein angemessenes und planbares Honorar – mindestens 30 Prozent mehr Vergütung können teilnehmende Haus- und Fachärzte im Durchschnitt für sich verbuchen – aber auch durch erhöhte Arbeitszufriedenheit. Denn weniger Bürokratie und eine einfachere Abrechnung bringen dem Arzt eine Zeitersparnis, die den Patienten spürbar zugute kommt. „Der neue EBM hingegen wird das Hamsterrad bei den Ärzten noch stärker in eine unerwünschte Richtung beschleunigen“, fasst Dr. Berthold Dietsche, Vorsitzender des Hausärzteverbandes Baden-Württemberg, zusammen. „Er drängt die zu Recht kritisierte 5-Minuten-Medizin eher in Richtung einer 3-4-Minuten-Medizin mit der Folge, dass der Arzt dem Patienten noch weniger als bisher zur Verfügung stehen wird.“ Demgegenüber bringt der Hausarztvertrag erhebliche Vorteile. Dietsche: „Durch die Hausarztverträge werden die Arbeitsbedingungen deutlich verbessert und das Berufsbild des Hausarztes enorm aufgewertet: Der Arzt hat vor allem wieder die Zeit, sich um seine Patienten zu kümmern. Auch der Praxiswert steigt nachhaltig: Hausärzte, die an Hausarztverträgen teilnehmen, finden leichter Nachfolger für ihre Praxen.“

Freie Direktverträge, die eine fachbereichsübergreifende Versorgung auf Basis einer geregelten Koordination durch Hausärzte umsetzen, führen auf Bundesebene weiterhin ein Schattendasein. Und auch dem notwendigen Ausbau dieser neuen Art an Versorgungsgestaltung stehen rechtliche Schranken im zentralistischen Gesundheitswesen entgegen. Vor allem hemmt die sogenannte Refinanzierungsklausel (§ 73b SGB V) die Ausbreitung von Hausarztverträgen, weil sie die Notwendigkeit eines wirtschaftlichen Nachweises vom Start weg fordert. „Es ist gegen jegliche Wirtschaftspraxis, bei der Investition schon den Erfolg getätigter Investitionen nachweisen zu können. Direktverträge sind eine langfristige Investition, die den wirtschaftlichen Erfolg Schritt für Schritt einfährt“, so Hermann. „Dies alles lässt die Klausel völlig außer Acht, wenn darin eine – ohnehin nicht realisierbare – exakte Vorab-Bewertung des kurzfristigen Einsparpotenzials zur Gegenfinanzierung höherer Arzthonorare gefordert wird. „Diese Klausel behindert Innovationen und muss weg. Sie ist Gift für Investitionen und Fortschritt in unserem Versorgungssystem“, kritisiert er.

Die Vertragspartner im Südwesten fordern auch die Beibehaltung der Pflicht für die Kassen, Hausarztverträge anzubieten. Darüber hinaus sollten auch Facharztverträge nach § 73c SGB V verpflichtend für die Krankenkassen werden. „Es braucht hier offensichtlich den Druck des Gesetzgebers. Dabei weiß man mittlerweile: Nur durch aufeinander abgestimmte Hausarzt- und Facharztverträge entsteht ein schlüssiges Versorgungskonzept – insbesondere für die chronisch kranken Patienten, deren Zahl stetig zunimmt“, erklärt Dr. Werner Baumgärtner, Vorsitzender von MEDI Baden-Württemberg. „Erst durch eine abgestimmte Aufgabenverteilung zwischen Haus- und Fachärzten wird eine bessere und wirtschaftlichere ambulante Vollversorgung möglich.“ Gleichzeitig sei eine gesetzliche bürokratiearme Bereinigungsregelung notwendig.

„In keinem anderen Bereich werden Spielregeln für den Übergang zu einer Wettbewerbsordnung von Altmonopolisten selbst aufgestellt; sie können kein Interesse daran haben, dass der neue Wettbewerb auch funktioniert“, stellt Baumgärtner fest. „Genau das ist aber hier passiert. Der Gesetzgeber ist daher dringend aufgefordert, für eine rechtssichere und faire Regelung zu sorgen.“