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Altpeter: “Preis soll Wettbewerb fördern und Vorbilder für Qualität im Gesundheitswesen bekannt machen”

Sozialministerin Katrin Altpeter übergibt Qualitätsförderpreis Gesundheit Baden-Württemberg 2011

Stuttgart – Innovative Ansätze zur Verbesserung der Qualität im Gesundheitswesen wurden am Freitag (21.10.) mit dem “Qualitätsförderpreis Gesundheit Baden-Württemberg” ausgezeichnet. Gesundheitsministerin Katrin Altpeter überreichte im Haus der Wirtschaft in Stuttgart die Preise und sagte: “Mit dem Preis wollen wir den Wettbewerb und den Austausch der Ideen fördern und Vorbilder für besonders gute Qualität im Gesundheitswesen bekannt machen. Der Preis soll Impulsgeber für eine lebendige Qualitätskultur im Gesundheitswesen sein.” Als Sieger ausgezeichnet wurden das Projekt “Konzeption niederschwelliger Angebote für Menschen mit Demenz und psychischen Erkrankungen in der ambulanten Pflege” des Ambulanten Pflegedienstes Gugeller & Niegisch aus Kernen und das Projekt “Qualitätssteigerung und Kostenoptimierung durch interdisziplinäre Zusammenarbeit von Orthopädie-Technik und Physiotherapie nach Amputation an der unteren Extremität” des Orthopädie + Vital Zentrums Piro GmbH aus Villingen-Schwenningen. Mit der Auszeichnung ist ein Preisgeld von jeweils 6 000 Euro verbunden. Den dritten Preis, verbunden mit einem Preisgeld von 3 000 Euro, erhält das Projekt “Praxisorientiertes Beschwerdemanagement als Teil eines integrierten Risikomanagements” des Städtischen Klinikums Karlsruhe.

“Die Qualität der Versorgung ist eines der wichtigsten Themen unseres Gesundheitswesens”, sagte die Ministerin. Der Qualitätsförderpreis habe ein bemerkenswertes Qualitätspotential in allen Bereichen des baden-württembergischen Gesundheitswesens gezeigt. “Wir müssen dieses Wissen nutzen und in die Fläche transportieren. Ziel des Preises ist es ja gerade auch, dass Projekte übertragen und in der Versorgung verankert werden”, so Altpeter. Daher stehe das zehnjährige Jubiläum des Qualitätsförderpreises auch unter dem Motto “Was zählt, ist Nachhaltigkeit”.

Was ist aus den bisher ausgezeichneten Projekten geworden?

So sei das Jubiläum auch Anlass gewesen, einen näheren Blick auf die bisher ausgezeichneten Projekte zu werfen. “Was ist aus ihnen geworden? Konnten Sie sich weiter entwickeln? haben wir uns gefragt”, so Altpeter. Als gelungenes Beispiel bezeichnete die Ministerin die Sturzprävention in Pflegeheimen. Das Siegerprojekt aus 2005, das in Ulm seinen Anfang nahm, wurde bisher in über 320 Einrichtungen eingeführt und konnte beachtliche Erfolge erzielen. Nach einer Auswertung in 82 Pflegeheimen mit über 8 000 Bewohnerplätzen sank die Zahl der Stürze von 4 532 auf 3 576. Das entspricht einem Rückgang von 21 Prozent. Auch sank die Zahl der Krankenhauseinweisungen um fast 30 Prozent. “Ebenso konnten dank der Sturzprävention die Zahl der Brüche um über 10 Prozent verringert werden”, schilderte Altpeter. “Das ist gerade für ältere Menschen, bei denen Brüche oft schlecht heilen, besonders wichtig.” Erreicht wurde dies alles durch die Schulung der Mitarbeiter durch Experten, Kraft- und Gleichgewichtstraining der Heimbewohner und einer Dokumentation der Stürze zur Analyse des Sturzgeschehens.

Hinweis für die Redaktionen:

Das Preisgeld von insgesamt 15.000 € wurde von der Robert-Bosch-Stiftung zur Verfügung gestellt. Die Preisträger wurden aus 19 eingereichten Projekten ausgewählt.

Nachfolgend werden die Siegerprojekte näher beschrieben.

Projekt „Konzeption niederschwelliger Angebote für Menschen mit Demenz und psychischen Erkrankungen in der ambulanten Pflege“

(Ambulanter Pflegedienst Alten- und Krankenpflege Gugeller & Niegisch, Stettener Str. 2, 71394 Kernen)

Der Pflegedienst bietet für einen Teil seiner Patienten zusätzliche Betreuungsleistungen an, wenn der MDK für diese einen erheblichen allgemeinen Betreuungsbedarf (im Sinne der §§ 45a und b SGB XI) bejaht hat.

Ausgehend von der Erfahrung, dass eine ausschließlich versorgende Pflege (satt und sauber) bei den zu Pflegenden zu Orientierungslosigkeit, verstärktem Rückzug, Aggressivität und verschiedenen psychischen Erkrankungen führt, sollen durch bedürfnisorientierte Betreuungsleistungen, Wohlbefinden und Lebensqualität gesteigert werden. Bei dem auf drei Jahre angelegten Projekt, das sich insbesondere an Menschen mit Demenz richtet, sollen die vorhandenen Ressourcen und Fähigkeiten gestärkt und eine Entlastung der Pflegenden und Angehörigen erreicht werden.

Das von dem Pflegedienst erarbeitete therapeutische Angebot (auf der Grundlage des Pflegemodells von Tom Kitwood) wird an den jeweiligen individuellen Fähigkeiten und den Bedürfnissen der zu Pflegenden wie beispielsweise nach Trost, Bindung, Einbeziehung, Beschäftigung und Identität ausgerichtet. Es umfasst Techniken wie Validation, Milieutherapie, das Gedächtnistraining, Musiktherapie, Rhythmus und Bewegung, Biographiearbeit, Selbsterhaltungstherapie, Ergotherapie und basale Stimulation.

Eine Fachkraft kümmert sich um jeweils ein bis drei Patienten, die von ihr gepflegt werden. Sie erhalten ein- bis zweimal pro Woche – je nach Einstufung durch den MDK – zusätzliche Betreuungsleistungen (45 Minuten). In regelmäßigen Teambesprechungen werden Ziele und Ergebnisse aufgearbeitet. Die Abstimmung, z. B. mit Hausärzten und der Brückenpflege, findet je nach Bedarf statt.

Das Projekt zeichnet sich besonders durch die hohe Kontinuität in der Bezugspflege, die feste Terminplanung und die hohe Transparenz der erbrachten Leistungen aus. Bei den zu Pflegenden zeigt sich durchweg eine Verbesserung der Gesamtsituation. So werden unter anderem wieder Wünsche geäußert, eigene Ressourcen besser genutzt, soziale Kontakte neu belebt, der Aktionsradius erweitert und das psychische sowie emotionale Erleben verbessert. Dadurch werden auch die Angehörigen entlastet. Die Fachkräfte des Pflegedienstes erleben diese Tätigkeit als sehr befriedigend. Es kommt durch die bessere Kenntnis der Gesamtsituation der Patienten zu einer positiven Rückwirkung auf die Basispflege und damit zu einer ganzheitlicheren, nachhaltigeren Sichtweise.

Die Jury hat besonders überzeugt, wie es dem Projekt in vorbildlicher Weise gelingt, eine wirtschaftlich tragfähige und qualitativ über die reine Pflege sowie die allgemeine Alltagsanleitung und Betreuung hinausgehende, ganzheitliche Betreuung der Patienten zu bieten, die zu großer Zufriedenheit bei Patienten, Angehörigen und Pflegepersonal führt.

Projekt “Qualitätssteigerung und Kostenoptimierung durch interdisziplinäre Zusammenarbeit von Orthopädie-Technik und Physiotherapie nach Amputation an der unteren Extremität”

(Orthopädie + Vital Zentrum Piro GmbH, Neuer Markt 6, 78052 Villingen-Schwenningen)

Im Vordergrund der herkömmlichen stationären und häuslichen Behandlung bei Patienten nach Amputation der unteren Extremitäten steht die oft langwierige Wundheilung des Stumpfes. Stumpfformende Maßnahmen (Kompressionstherapie) und Krankengymnastik werden dagegen meist nicht frühzeitig eingeleitet. In der Folge entstehen Kontrakturen am Knie- oder Hüftgelenk, der Patient wird zunehmend entkräftet und demotiviert. Die Anpassung und Handhabung einer Prothese wird dadurch verzögert und erschwert, Rehaleistungen sind teilweise weniger effektiv.

Dem wirkt das Projekt durch eine eng vernetzte Zusammenarbeit von Orthopädietechnik und Physiotherapie entgegen. Es ist ein über das reine Orthopädiehandwerk hinausgehendes Schnittstellenmanagement, das die Versorgung des Patienten aus einer Hand über die ganze Behandlungskette von akut stationärer Behandlung, Rehabilitation bis zur Behandlung im häuslichen Bereich abdeckt.

In Absprache mit dem Akutklinikum wird zum Teil noch vor der Operation ein frühes Beratungsgespräch zwischen Patient, Angehörigen und Orthopädietechniker vereinbart, um dem Patienten eine Perspektive für ein Leben nach der Amputation aufzuzeigen und eine Vertrauensbasis in dieser für die Patienten schwierigen Lebenssituation zu schaffen. Bereits am 2. – 7. Tag nach der Operation wird ein Silikonliner zur Kompressionstherapie angepasst, der insbesondere die richtige Stumpfvorbereitung durch das Krankenhauspersonal erleichtert. Gleichzeitig wird der zu erwartende Mobilitätsgrad des Patienten erhoben und mit der physikalischen Therapie (Steh- und Gleichgewichtübungen) begonnen. Die Behandlung wird nach Entlassung nach Hause in Absprache mit dem Hausarzt durch dieselben Orthopädietechniker und Physiotherapeuten weitergeführt. Nach Wundheilung werden die Prothesenversorgung sowie die Rehamaßnahmen vom Hausarzt bei der Kasse beantragt. Der Patient tritt die Rehamaßnahme bereits mit einer inzwischen angepassten Interimsprothese an, so dass das Gehtraining mit Prothese in der Rehaeinrichtung sofort begonnen werden kann. Die Betreuung durch das Projekt wird möglichst während der Rehamaßnahme und in der späteren häuslichen Nachsorge weitergeführt, um durch eine konzeptionelle Nachsorge die Rehaergebnisse zu festigen.

Bei einer Gegenüberstellung von Fallbeispielen herkömmlicher Behandlung und Behandlung im Projekt zeigt sich bei den Patienten im Projekt eine rasche Behandlungsfolge vom Amputationsdatum über den ersten Kontakt, Rehabeginn und Prothesenversorgung innerhalb weniger Wochen. Kontrakturen werden weitgehend vermieden und es wird ein guter Mobilitätsgrad (von überwiegend Stufe 2, 3 oder 4) erreicht. Im Gegensatz dazu zieht sich der Verlauf bei herkömmlicher Behandlung z. T. über ein Jahr hinaus und ist verbunden mit erheblichen Kontrakturen und einem eingeschränktem Mobilitätsgrad (von 1-2).

Die einheitliche Führung des Patienten durch den gesamten Behandlungsverlauf hilft Doppelversorgungen durch Leistungserbringer und Verlängerungen von Rehamaßnahmen zu vermeiden sowie die Notwendigkeit weiterer Hilfsmittel (Rollstuhl, Badewannenlifter usw.) auf Grund der höheren Mobilität der Patienten möglichst gering zu halten.

Die Jury hat besonders überzeugt, wie die Behandlung aus einer Hand über die Sektorengrenzen hinweg mit großem Erfolg für die Patienten umgesetzt wird. Die vernetzte Zusammenarbeit zwischen ärztlicher Akut- und Rehaversorgung einerseits und der Orthopädietechnik und der Physiotherapie andererseits lässt sich auf andere Regionen übertragen, vorausgesetzt, es findet sich ein Gesundheitsunternehmen, das die Behandlungen koordiniert und steuert.

Projekt “Praxisorientiertes Beschwerdemanagement als Teil eines integrierten Risikomanagements”

(Städtisches Klinikum Karlsruhe gGmbH, Moltkestr. 90, 76133 Karlsruhe)

Das Risiko- und Beschwerdemanagement am Klinikum Karlsruhe wurde organisatorisch und personell zusammengefasst und standardisiert. Schwerpunkt des vorgestellten Projekts ist das patientenorientierte Beschwerdemanagement. Die Beschwerdestelle kann über die Patientenfragebögen (Briefkästen auf allen Stationen) oder direkt per Telefon, E-Mail erreicht werden. Die Patienten werden über die Möglichkeiten, die Beschwerdestelle zu kontaktieren, informiert. Die Bearbeitung der Beschwerden ist standardisiert, mit dem Ziel, zeitnah und möglichst im persönlichen Kontakt mit dem Beschwerdeführer zu reagieren. Gegebenenfalls werden auch Gespräche mit der Geschäftsführung bereitwillig angeboten. Die für das Beschwerdemanagement verantwortliche Beschäftigte war zuvor Pflegedienstleitung im Klinikum Karlsruhe. Sie kennt das Personal und die Arbeitssituation auf den Stationen gut, kann entsprechend kommunizieren und daher eine hohe Akzeptanz erzielen. Sie ist zudem in Mediationstechniken geschult.

Im Beobachtungszeitraum von 2008 bis 2010 konnte anhand verschiedener Messgrößen festgestellt werden, dass die Dramatik der Beschwerden (Tonlage, Zahl der Beschwerdegründe) nach anfänglichem Anstieg abnahm. Beschwerden wurden in deutlich kürzerer Zeit erledigt oder es konnte schon im Vorfeld bei sich anbahnender Beschwerde interveniert werden. Bei den Klinikmitarbeitern trat ein Lerneffekt ein. Beschwerden werden nicht mehr defensiv abgewiegelt, sondern als wichtige Information betrachtet und präventiv aufgegriffen. Auch die Zahl der Belobigungen seitens der Patienten konnte gesteigert werden.

Auf der Basis eines jährlichen Beschwerdeberichts wird die Klinikleitung über die Ergebnisse des Beschwerdemanagements informiert. Über die sehr gute Abarbeitung von Einzelbeschwerden hinaus, werden auch systematische und organisatorische Verbesserungen aus den gebündelten Beschwerden abgeleitet und mit der Klinikleitung umgesetzt.

Die Jury hat besonders überzeugt, wie die organisatorische und personelle Zusammenfassung und Standardisierung von Risiko- und Beschwerdemanagement am Klinikum Karlsruhe bei relativ geringem Personaleinsatz zu Vertrauen bei Patienten und Mitarbeitern und einem konstruktiven Umgang mit Beschwerden sowie längerfristig zu zielgerichteten organisatorischen Verbesserungen geführt hat. Das Projekt ist ein gelungenes Beispiel für die Bearbeitung von Patientenbeschwerden und eine insgesamt verbesserte Beschwerdekultur im Krankenhaus.