Berlin – Am 13. August 2025 fand die Anhörung der Verbände zur beabsichtigten 3. Novellierung des Transplantationsgesetzes (TPG) zur geplanten Ausweitung der Organlebendspende durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) statt. Die Interessengemeinschaft Nierenlebendspende e. V. (IGN) war zur Anhörung geladen und wurde durch den 1. Vorsitzenden Ralf Zietz, vertreten.
Der Gesetzesentwurf wird neben begrüßenswerten Neuerungen, die den Schutz der potenziellen Organlebendspender betreffen Regelungen enthalten, die auf klare Ablehnung der IGN stoßen. So hat die IGN in ihrer zuvor beim BMG eingereichten Stellungnahme eine deutliche Ablehnung folgender Regelungspunkte betont:
Der geplante Entfall des Subsidiaritätsgrundsatzes wird kritisiert. Dieser dient dem Spenderschutz. Damit werde klargestellt, dass eine Organlebendspende eine Ausnahme darstellen soll. Diese solle nur in Frage kommen, wenn kein passendes postmortales Organ vorhanden ist. Ein Festhalten am Subsidiaritätsgrundsatz ist aus grundsätzlichen Überlegungen wichtig. Die Organlebendspende, insbesondere die Nierenlebendspende, darf nicht zur „Normalität“ werden.
Ebenfalls ablehnend äußert sich die IGN zur geplanten Zulassung von ungerichteten anonymen Spenden. Denn Risiken und Folgen stehen in einem persönlichen Abwägungsverhältnis zur Beziehung zum Organempfänger. Dieses entscheidende Element würde bei der anonymen Organlebendspende fehlen, denn es gäbe keinen Grund zur Risikoabwägung, der sich aus der persönlichen Verbundenheit speist. Der anonyme Spender ist bereit, für eine ihm unbekannte Person seine Gesundheit nachhaltig zu schädigen. Allein dieser Umstand verdient den „Schutz des Spenders vor sich selbst“, wie der Bundesgerichtshof (BGH, 29.01.2019 – VI ZR 495/16 und VI ZR 318/17) ausgeführt hat.
Begründet wird diese Ansicht mit den bekannten und durch Studien belegten hohen Risiken der Nierenlebendspende. So sind nicht nur 50 % der Nierenlebendspender selbst symptombehaftet nierenkrank, sondern es leiden ca. 12 % dauerhaft an einem Fatigue-Syndrom, welches ähnlich dem sogenannten Chronik-Fatigue-Syndrom ist. Auch treten grundsätzlich kognitive Probleme bei Nierenlebendspendern auf. Vor dem Hintergrund der immer noch unzureichenden versicherungsrechtlichen Absicherung – erkrankte Spender müssen mühsam ihre Rechte einklagen – darf die Gesellschaft ein solches Opfer weder erwarten noch zulassen, so die IGN.
Die IGN könne unter diesen Umständen im Grunde nicht zur Nierenlebendspende raten.
Besondere Bedeutung erhält die Position der IGN dadurch, dass Frau Dr. med. Birgit Heilmann – Beisitzerin im Vorstand für die ‚Medizinische Erstberatung Nierenlebendspende‘, Ärztin und selbst Nierenlebendspenderin – die kritische Stellungnahme gemeinsam mit dem 1. Vorsitzenden Ralf Zietz verfasst hat.
Die Stellungnahme ist auf der Website der IGN im Magazin unter „Vereinsarbeit“ einsehbar.
Die vom Gesetzgeber bewusst streng formulierten und in § 19 Abs. 1 Nr. 1 TPG gesondert strafbewehrten Aufklärungsvorgaben sollen den potentiellen Organspender davor schützen, sich selbst einen größeren persönlichen Schaden zuzufügen; sie dienen dem „Schutz des Spenders vor sich selbst”. Bundesgerichtshof am 29. Januar 2019 (VI ZR 495/16 und VI ZR 318/17)