Studie aus den USA zeigt: Nahrungsergänzungsmittel im späten Stadium der geografischen Atrophie keine Lösung – gesunde Ernährung frühzeitig wichtig
Bonn – Der gemeinnützige Verein Retina plus e.V., der sich für Menschen mit Netzhauterkrankungen wie der altersbedingten Makuladegeneration (AMD) einsetzt, nimmt die aktuellen Forschungsergebnisse der American Academy of Ophthalmology (AAO) aufmerksam zur Kenntnis. Danach haben die bislang häufig empfohlenen Vitamingaben gemäß dem Age‑Related Eye Disease Study (AREDS)- bzw. AREDS2-Schema im späten Stadium der geografischen Atrophie (GA) der Netzhaut keinen nachweisbaren Effekt auf das Fortschreiten der Erkrankung mehr.
Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick:
- Bei GA, einer fortgeschrittenen Form der trockenen AMD, konnte durch die Einnahme der AREDS-/AREDS2-Supplemente kein signifikanter Rückgang des Wachstums der Atrophie oder der Beteiligung der zentralen Makula (Fovea) festgestellt werden.
- Eine Auswertung mit moderner multimodaler Bildgebung bestätigte, dass es keine verlässliche Wirkung gibt – frühere Hinweise auf eine mögliche Verlangsamung wurden vermutlich durch ältere Messmethoden überschätzt.
Wichtig: Die Studie sagt nicht aus, dass gesunde Ernährung oder vorbeugende Maßnahmen keinen Sinn ergeben – vielmehr zeigt sie, dass bei einem bereits weit fortgeschrittenen Erkrankungsstadium eine alleinige Einnahme von arzneimittelähnlichen Supplementen nicht ausreicht.
Früh genug mit Vorsorge durch gesunde Ernährung beginnen
„Diese neuen Daten sind ein Weckruf“, erklärt Markus Georg, Vorsitzender von Retina plus e.V. „Wir betonen klar: Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Wirkung solcher Ergänzungen im Spätstadium der geografischen Atrophie unklar ist – und dass der Blick viel stärker auf frühzeitige Präventionsmaßnahmen gelegt werden muss.“
Bedeutung für Betroffene und Vorsorge
Die Ergebnisse der US-Studie fallen in eine Zeit, in der zwei in den USA bereits zugelassene Komplement-Inhibitoren, Pegcetacoplan und Avacincaptad Pegol, in Europa noch immer nicht verfügbar sind. Diese sind die ersten nachweislich wirksamen Therapien, die das Wachstum der GA verlangsamen können.
Patienten blicken mit Hoffnung in die USA, wo für die geografische Atrophie Behandlungsoptionen zur Verfügung stehen. Die fehlende europäische Zulassung ist ein erhebliches Defizit und schwer hinzunehmen für Betroffene, deren Sehvermögen täglich unwiederbringlich verloren geht. Retina plus e.V. muss jedoch klarstellen: Die beiden Medikamente sind in der Europäischen Union (EU) aktuell nicht zugelassen, da die Marktzulassungsanträge zurückgezogen oder negativ bewertet wurden.
Retina plus e.V. empfiehlt allen Menschen mit AMD-Risiko:
- Setzen Sie möglichst frühzeitig auf eine ausgewogene, nährstoffreiche Ernährung mit viel Gemüse, Obst, Omega-3-Fettsäuren sowie einem Verzicht auf Rauchen und Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder Diabetes.
- Nahrungsergänzungsmittel können in bestimmten Stadien der Erkrankung sinnvoll sein – insbesondere bei der mittleren AMD, um das Fortschreiten zum Spätstadium zu verzögern – aber sie sind kein Ersatz für eine gesunde Lebensweise und vor allem keine Garantie im fortgeschrittenen GA-Stadium.
Warum gerade die frühe Ernährung so wichtig ist
Netzhauterkrankungen wie die AMD entwickeln sich oftmals schleichend. Je früher Maßnahmen greifen, desto besser sind tendenziell die Möglichkeiten, das Fortschreiten zu verzögern. Eine gesunde Ernährung kann hier ein tragender Pfeiler sein – Studien zeigen Zusammenhänge zwischen bestimmten Mikronährstoffen (z. B. Lutein, Zeaxanthin) und einem geringeren Risiko für AMD-Fortschritt. Eine spätere Einnahme bei stark geschädigtem Gewebe kann dann jedoch an Grenzen stoßen.
In einer Mitteilung der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) wird der enge Zusammenhang zwischen Lebensstil, Ernährung und Augengesundheit hervorgehoben. „Wir wissen heute, dass die richtige Ernährungsweise nicht nur Herz und Kreislauf, sondern auch die Netzhaut schützt,“ erklärt DOG-Experte Professor Dr. Dr. med. Robert Patrick Finger vom Universitätsklinikum Mannheim. Eine mediterrane Kost mit viel grünem Blattgemüse, Obst, Fisch, Olivenöl und Nüssen entfaltet laut Studien eine besonders positive Wirkung.
Mediterrane Kost kann Netzhauterkrankungen bremsen
Die Forschung zeigt: Menschen, die sich mediterran ernähren, erkranken seltener an AMD oder haben einen milderen Krankheitsverlauf. Auch bei anderen Netzhauterkrankungen wie dem Grünen Star und der diabetischen Retinopathie wirkt sich eine gesunde Ernährung unterstützend aus. Entscheidend ist dabei, frühzeitig auf eine ausgewogene Kost und eine insgesamt gesunde Lebensweise zu achten.
„Ernährung ist gelebte Prävention – auch für die Augen“, betont Retina plus e.V. Der Verein möchte darauf aufmerksam machen, dass Augengesundheit Teil einer ganzheitlichen Gesundheitsvorsorge ist. Gerade Menschen mit Sehbehinderung oder beginnendem Sehverlust profitieren von Information und Unterstützung, um durch Ernährung und Lebensstil den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen.
Gemeinsam Perspektiven schaffen
Retina plus e.V. verbindet Betroffene, Angehörige, Forschende und Fachleute im Gesundheitswesen. Als gemeinnütziges Netzwerk unterstützt der Verein Menschen, die direkt oder indirekt von Sehverlust betroffen sind – durch Austausch, Beratung, Öffentlichkeitsarbeit und wissenschaftliche Vernetzung. Mit Initiativen wie dem Podcast „Retina View“ macht Retina plus aktuelle Forschung verständlich und zugänglich. „Unser Motto lautet Positiv Sehen – und dazu gehört auch, aktiv etwas für die eigene Gesundheit zu tun. Eine bewusste Ernährung kann helfen, das Augenlicht länger zu erhalten“, so ein Sprecher von Retina plus e.V.
Weitere Informationen und Ernährungstipps
Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) empfiehlt eine ausgewogene mediterrane Ernährung mit vielen bunten Obst- und Gemüsesorten, Fisch, Olivenöl und Nüssen. Nahrungsergänzungsmittel können eine gesunde Ernährung nicht ersetzen, aber in bestimmten Fällen unterstützen, was mit dem behandelnden Hausarzt oder Augenarzt abgestimmt werden muss.
Fazit
Die Studie der AAO verdeutlicht: Supplemente nach dem AREDS/AREDS2-Schema können im fortgeschrittenen Stadium der geografischen Atrophie keine Wirkung mehr zeigen, die bisher angenommen wurde. Für Retina plus e.V. heißt das: Der Fokus sollte noch stärker auf Prävention, Ernährung und frühzeitiges Eingreifen gelegt werden – nicht auf verspätete Hoffnung in Nahrungsergänzungsmittel als Wunderbehandlung. +++ Über Retina plus e.V.
Retina plus ist ein gemeinnütziges Experten- und Selbsthilfenetzwerk mit Sitz in Bonn. Der Verein vernetzt Menschen mit Sehverlust, Angehörige und Fachleute im Gesundheitswesen. Ziel ist es, die Lebensqualität und gesellschaftliche Teilhabe von Betroffenen zu verbessern, Forschung zu fördern und Wissen verständlich zu vermitteln. Abonnement des kostenlosen Podcast und Newsletters unter www.retinaplus.de
Infokasten – Gesunde Ernährung für die Augen
Gesunde Ernährung für gesunde Augen
Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) empfiehlt eine Ernährung, die das Auge schützt und gleichzeitig Herz und Kreislauf stärkt. Grundlage ist die mediterrane Kost – bunt, frisch und ausgewogen.
Worauf Sie achten sollten:
- Bunt essen: Viel frisches, farbenfrohes Obst und Gemüse – besonders grünes Blattgemüse wie Spinat, Grünkohl und Brokkoli.
- Regelmäßig Fisch: Zwei- bis dreimal pro Woche fettreichen Fisch wie Lachs, Hering oder Makrele – liefert wertvolle Omega-3-Fettsäuren.
- Gutes Öl verwenden: Pflanzliche Öle wie Olivenöl statt Butter oder tierischer Fette.
- Nüsse und Hülsenfrüchte: Sie enthalten Zink, Vitamin E und sekundäre Pflanzenstoffe, die die Netzhaut schützen können.
- Weniger rotes Fleisch und Fertigprodukte: Reduziert Entzündungsprozesse und senkt oxidativen Stress.
- Ausreichend trinken: Wasser, ungesüßter Tee oder verdünnte Fruchtsäfte.
- Nicht rauchen & Alkohol reduzieren: Tabak und Alkohol schädigen Gefäße und Netzhaut.
- Bewegung und Gewichtskontrolle: Ein gesunder Lebensstil unterstützt die Wirkung der Ernährung.
Tipp: Nahrungsergänzungsmittel (z. B. Lutein, Zeaxanthin, Zink, Omega-3) können bei bestehenden Netzhauterkrankungen sinnvoll sein – ersetzen aber keine gesunde Ernährung und müssen vor Einnahme ärztlich abgestimmt werden.
Mehr dazu finden Interessierte unter:
DOG: Prävention der Altersblindheit – Mediterrane Kost verlangsamt Netzhauterkrankungen
DOG: Ausgewogene Ernährung kann das Sehvermögen stärken
Quellen:
https://www.aao.org/newsroom/news-releases/detail/vitamin-supplements-may-not-slow-geographic-atroph
https://dog.org/pressemeldungen/praevention-der-altersblindheit-mediterrane-kost-verlangsamt-netzhauterkrankungen
