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Gelungener Dialog zwischen Filmschaffenden und der Psychiatrie / Workshop zur Darstellung von psychisch erkrankten Filmfiguren brachte neue Einsichten

Pressemitteilung

Berlin – Beim ersten gemeinsamen Workshop, den das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit mit dem Verband Deutscher Drehbuchautoren und dem Verband für Film-und Fernsehdramaturgie, VeDRA in Berlin veranstaltete, diskutierten Betroffene, Angehörige, Fachleute und Medienschaffende über die Wahrnehmung und Wirkung negativer Klischees und ungewollt stereotyper Darstellungen psychisch kranker Filmfiguren. Mehr als 60 Drehbuchautoren und Dramaturgen waren der Einladung in den Verlag des Tagespiegels gefolgt und ließen sich von den hochkarätigen Fachreferenten über Merkmale, Auswirkungen und aktuelle Behandlungsformen psychischer Störungen aufklären.

„Die Kultur muss die Psychiatrie einbinden. Bitte helfen Sie uns, bestehende Vorurteile abzubauen“, so der Appell von Prof. Thomas Bock, Leiter der Spezialambulanz für Psychosen und Bipolare Störungen an der Uniklinik Hamburg. Er hob vor allem den sensiblen Gebrauch von Sprache und Begrifflichkeiten hervor und warnte vor typischen Vereinfachungen in der Darstellung Betroffener. Häufig würde allein die Nennung einer Diagnose wie „Psychose“ den Charakter einer Filmfigur festlegen und erklären.

Dr. Eva-Maria Fahmüller, stellvertretende Vorsitzende von VeDRA und Leiterin der Master School Drehbuch hatte 136 Fernsehspiele der letzten beiden Jahre auf Figuren mit ausgeprägten psychischen Störungen hin untersucht. In 32 Filmen wurde sie fündig und erstellte eine Rangfolge der dargestellten Krankheiten und ihrer dramaturgischen Aufgabe. Ihr Fazit: in den allermeisten Fällen werden psychisch kranke Filmfiguren zur Steigerung der Spannung in Krimis oder Dramen eingebaut.
„Ein selbstverständlicherer Umgang mit psychischen Störungen könnte durch die unaufgeregte Darstellung entsprechender Figuren auch in anderen Genres wie z.B. der Komödie erreicht werden“, so Fahmüller.

Gelungene Beispiele für eine authentische Darstellungsweise boten zwei Best Practice TV- Formate. Prof. Peter Henning, Professor für Drehbuch an der Filmhochschule Potsdam stellte mit der Autorin Claudia Prietzel den gemeinsamen Tatort „Ordnung im Lot“ von 2012 vor. Dafür entwickelten sie die Figur einer Verdächtigen, die unter einer Psychose leidet. Ihr Krankheitsbild wurde bis ins kleinste Detail mit viel Fingerspitzengefühl ausgearbeitet. Ähnlich akribisch gingen auch die Autoren der Daily Soap „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ vor. Story Editor Anke Lutze schilderte, aus welchen Beweggründen die Serienfigur Lilly Seefeld über einen Zeitraum von zwei Jahren an Bulimie erkrankte und wie der Selbsthilfeverein Dick & Dünn e.V. die Drehbuchautoren dabei fachlich beraten hat.

Die Bedeutung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen den Betroffenen, ihren Familien und den Filmemachern hoben auch Donna Reynolds vom Selbsthilfeverein „bipolaris“ und Janine Berg-Peer, Angehörige und Autorin des Buches “Schizophrenie ist scheiße, Mama!”, hervor. Beide beschrieben auf sehr persönliche Art und Weise die Auswirkungen unreflektierter und falscher Darstellungen im Film. Berg-Peer geht es vor allem um die Mütter der Betroffenen. Es hat Tradition, sie als eine Hauptursache einer psychischen Störung darzustellen. „Aber Eltern sind keine Monster. Verhaltensstörungen entstehen nicht nur durch schreckliche Eltern. Würde eine differenziertere Darstellung im Film einer spannenden Handlung entgegenstehen?“, so ihre Frage an die Autoren.

Aus der Sicht der Fachleute referierte Prof. Wolfgang Gaebel, Vorsitzender des Aktionsbündnisses Seelische Gesundheit und Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Düsseldorf. Er stellte aktuelle wissenschaftliche Studien vor, die belegen, dass psychische Störungen weiter zunehmen und auch immer häufiger stationär behandelt werden müssen. Doch auch die Institution Psychiatrie wird mit Klischees belegt. „ Es gibt einen Hollywood-Mythos der Psychiatrie im Film, der Ärzte meist grenzüberschreitend und inkompetent darstellt. Hier wünsche ich mir mehr Differenzierung“, schloss Gaebel.

In diesem Sinne argumentierte auch die ärztliche Direktorin der forensischen Psychiatrie in Lippstadt-Eickelborn, Dr. Nahlah Saimeh. Sie befasst sich mit der Begutachtung und Behandlung von psychisch kranken Straftätern und konnte mit dem Stereotyp des „genialen irren Monsters“ à la Hannibal Lecter aufräumen. Die Realität in ihrer Einrichtung ist weit weniger spektakulär und in der aktuellen BR-Dokumentation „Restrisiko – Ein Film über Menschen im Maßregelvollzug“ nachzuvollziehen.

Beim abschließenden „Info-Café“ konnten Teilnehmer und Experten sich direkt austauschen und offene Fragen zum Thema klären. Der Drehbuchautoren-Workshop fand im Rahmen eines dreijährigen Medienprojekts statt, das vom Aktionsbündnis für Seelische Gesundheit koordiniert und durch das Bundesministerium für Gesundheit finanziert und unterstützt wird.

Nähere Informationen rund um das Thema „Psychische Erkrankungen im Film“ hat das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit in einem ausführlichen Presse-Themendienst zusammengefasst. Er kann unter folgendem Link heruntergeladen werden: www.seelischegesundheit.net/presse/themendienst/psychische-erkrankungen-im-film

Das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit ist eine Initiative zur Förderung der Seelischen Gesundheit. Über 70 Bündnispartner beteiligen sich an dem bundesweiten Netzwerk, darunter Experten der Psychiatrie und Gesundheitsförderung, Betroffene und ihre Angehörigen. Gemeinsam setzen sie sich für die Belange von Menschen mit psychischen Erkrankungen und ihrer Familien ein. Das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit ist unabhängig. Initiiert wurde es von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) und dem Antistigma – Verein Open the doors. Es kooperiert mit dem Bundesministerium für Gesundheit und der Arbeitsgruppe Psychiatrie der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörde