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Gesicherte Arzneimittelversorgung in Gefahr

Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland/ Ausgabe November 2008

Essen – Die November-Ausgabe der Neuen Allgemeinen Gesundheitszeitung für Deutschland erläutert im Leitartikel die beunruhigenden Entwicklungen auf dem Apothekenmarkt. Die Prognose: Sollten politische Fehlentscheidungen – in der Vergangenheit gehörte z. B. die Zulassung des Arzneimittel-Versandhandels dazu – auch in Zukunft nicht abreißen, ist eine gesicherte und lückenlose Arzneimittelversorgung, die heute noch täglich von unabhängigen und inhabergeführten Apotheken geleistet wird, ernsthaft in Gefahr. Der Kommentar der November-Ausgabe verdeutlicht, dass immer mehr Experten auf die drastische Zunahme von Arzneimittelfälschungen aufmerksam machen und dennoch ungehört bleiben. Jüngst machte sogar die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) auf die Problematik und den dringenden Handlungsbedarf aufmerksam.

Die Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland erscheint monatlich mit einer Auflage von 1 Million Exemplaren und ist kostenlos in Apotheken erhältlich.

Gesundheit duldet keine Experimente DIE APOTHEKE LEBT!

Jede Nacht irgendwo in Deutschland: Ein aufgeregter Mann steht vor dem Schalter einer Apotheke und fragt den Apotheker um Rat: Sein Kind glüht im Fieber, alles tut ihm weh und quälender Husten bringt es um den Schlaf, aber der Hausarzt öffnet seine Praxis erst wieder in acht Stunden. Der Apotheker erkundigt sich genauer nach den Symptomen, schlägt Arzneimittel vor und vergisst nicht, nach bereits eingenommenen Medikamenten zu fragen, um Wechselwirkungen ausschließen zu können. Oder er rät dazu, nicht bis zur Öffnung der Hausarztpraxis zu warten, sondern umgehend den ärztlichen Notfalldienst in Anspruch zu nehmen. Welchen Rat auch immer der Mann erhalten hat: Er fühlt sich sicherer und ist erleichtert, weil er weiß, dass seinem Kind geholfen wird.

Dass man rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr immer eine Notapotheke aufsuchen kann, die sich in erreichbarer Nähe befindet, ist eine Selbstverständlichkeit, die niemand missen möchte. Ebenso ist es eine Selbstverständlichkeit, dass man in der deutschen Apotheke nur hochwertige Arzneimittel sofort oder innerhalb weniger Stunden erhält, inklusive Beratung ausschließlich von ausgebildetem Fachpersonal, und sich über Fälschungen von Medikamenten keine Gedanken machen muss.

Doch obwohl sich das bestehende Apothekensystem seit Jahrzehnten als patientenfreundlich, lückenlos und sicher bewährt hat, wird es von der Politik zunehmend ausgehöhlt – um vermeintlicher wirtschaftlicher Vorteile willen, die niemand nachweisen kann.

So hat Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) bereits im Jahre 2004 den Versand von Arzneimitteln erlaubt – für die Gesundheit der Bevölkerung durchaus ein Sicherheitsrisiko. Die meisten Staaten der EU haben diese durch nichts begründete, vorschnelle und unausgegorene Liberalisierung des Handels mit Arzneimitteln nicht legalisiert. Für diese Länder hat die Sicherheit der Bevölkerung einen höheren Stellenwert als nur vordergründig bequeme Internetbestellungen und der ungesicherte Versand per Post.

Die Entwicklungen im Bereich der Arzneimittelfälschungen zeigen, dass diese Entscheidung der Politik ein Fehler war, der fatale Folgen nach sich zieht. Denn durch die Freigabe vertrauen Patienten sowohl Versandapotheken als auch Internetapotheken, ohne tatsächlich zwischen seriösen und kriminellen Anbietern unterscheiden zu können. Die Zahl der gefälschten Arzneimittel, die über das Internet vertrieben werden, nimmt drastisch zu – so das Bundeskriminalamt und zahlreiche Experten.

Dass zudem der „Dominoeffekt“ der überhasteten Freigabe des Versandhandels von der Gesundheitsministerin nicht vorausgesehen wurde, erinnert fatal an die aktuelle Finanzkrise: wie wild stürzten sich kleine und große Unternehmen auf die vermeintlich grandiosen Verdienstmöglichkeiten. Konnten Medikamentenautomaten ohne Beratung noch von Gerichten und Behörden in letzter Minute gestoppt werden, war der Widerstand gegen sogenannte „Pick-up-Stellen“ in Drogeriemärkten chancenlos: Das neue Gesetz verbietet Kooperationen zwischen Versandhändlern und Drogerien nicht. Das hat zur Folge, dass Patienten ihre Rezepte – ähnlich Fotofilmen – im Drogeriemarkt abgeben können, um das verordnete Arzneimittel dann einige Tage darauf abzuholen.

Experten beklagen, dass die Drogeriemärkte keinerlei Kontrollen der für Apotheken zuständigen Behörden unterliegen: Zumindest eine deutsche Versandapotheke muss sich für Kontrollen öffnen, nicht aber ein Drogeriemarkt, da der Rechtssprechung zufolge keine Arzneimittellagerung oder -abgabe im Sinne des Arzneimittelgesetzes stattfindet. Ob die Arzneimittel, vielleicht in Tüten, richtig gelagert und abgegeben werden, bleibt ungeschultem Personal überlassen. Wer jemals vergessene Fotos im Hinterzimmer eines Drogeriemarktes suchen durfte, weiß um das Chaos.

Darüber hinaus ist im Drogeriemarkt bei Fragen zum Arzneimittel eine Beratung nicht möglich. Eine öffentliche Apotheke müsste unter diesen Umständen ihre Tore schließen, da sie von der zuständigen Behörde – zu Recht – als eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung eingestuft werden würde.

Doch nicht nur der Versandhandel mit Arzneimitteln geht zu Lasten der Patienten. Auch die Bemühungen einflussreicher Interessenkreise, das in Deutschland, wie in den meisten EU-Ländern, geltende „Fremd- und Mehrbesitzverbot“ abschaffen zu lassen, nehmen zu. Das Verbot besagt, dass ausschließlich eine Apothekerin oder ein Apotheker eine Apotheke – mit maximal drei Filialapotheken – besitzen und betreiben darf.

Großen Unternehmen ist auch dieses Gesetz ein Dorn im Auge, versperrt es ihnen doch den Einstieg in eine vermeintlich lukrative Gründung von Apothekenketten. Sogar vor dem Europäischen Gerichtshof wird darüber verhandelt. Das Urteil wird Anfang 2009 erwartet.

Was Apothekenketten für den Endverbraucher bedeuten, erläuterte bei der Anhörung am Europäischen Gerichtshof im September Esmeralda Balode Buraka, Bevollmächtigte der lettischen Regierung: Durch die Bildung von Apothekenketten in Lettland hätten sich keinerlei Vorteile für Patienten eingestellt. Die Arzneimittel seien nicht günstiger geworden und der Service habe sogar nachgelassen. Auch berichtete sie, dass Präparate bestimmter Hersteller vorgezogen würden und in Kettenapotheken oftmals keine Rezepturen angefertigt würden. Nicht verwunderlich, denn für Betreiber von Apothekenketten dürfte der wirtschaftliche Faktor deutlich vor den Interessen der Patienten stehen. Ein Apotheker, der seine eigene Apotheke betreibt und täglich Kontakt zu Patienten hat, kann deren Bedürfnisse besser einschätzen. Nach lettischen Erfahrungen ist die Verknüpfung der professionellen Qualität u nd der Eigentümerschaft ein effektives Mittel, um den Schutz der Gesundheit zu garantieren. Daher sollen die Apothekenketten wieder abgeschafft werden.

So viel Einsicht, Mut und Durchsetzungsvermögen wie in Lettland ist von den deutschen Gesundheitspolitikern nicht zu erwarten – im Gegenteil: Je eindringlicher Experten vor den negativen Folgen solch unsinniger Gesetze für Patienten, Krankenhäuser, Ärzte, Apotheker und die vielen weiteren am Gesundheitswesen Beteiligten warnen, desto größer ist die Chance, dass ein solches Gesetz doch verabschiedet wird. „Wenn alle schreien, haben wir die (oft dramatischen) Folgen wenigstens gerecht verteilt“ – nach diesem Motto wird in Berlin seit eh und je Gesundheitspolitik gemacht. Die Einführung des unsäglichen „Gesundheitsfonds“ ist das jüngste Beispiel.

Die deutsche Apotheke kämpft. Zusammen mit hochengagiertem pharmazeutischem Personal sorgen Apothekerinnen und Apotheker in ihren eigenen Apotheken unermüdlich dafür, dass die Patienten nicht eines Tages vor verschlossenen Türen stehen – ob bei Nacht oder auf dem Lande. Sie schöpfen die Kraft dazu aus der Einsicht und der Treue ihrer Kunden, die umsorgt und beraten werden wollen, getreu dem Motto, dass die Gesundheit keine Experimente duldet.

ARZNEIMITTELFÄLSCHUNGEN – ALARM VON ALLEN SEITEN Ein Kommentar der Redaktion

Prof. Dr. Dingermann, Uni Frankfurt, und Prof. Dr. Schweim, Uni Bonn, das Bundeskriminalamt, einige verantwortungsbewusste Bundesländer und jetzt auch noch die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) mit ihren 18 000 angeschlossenen Ärzten sowie der schwedische Staat höchstpersönlich – sie alle weisen auf die dramatisch hohe Zahl der Arzneimittelfälschungen im Versandhandel von Medikamenten via Internet hin, wo niemand seriöse von unseriösen Anbietern unterscheiden kann. Und während die Schweden zur Abschreckung authentische Videoaufnahmen von Polizeirazzien in Fälschungslaboren im Fernsehen zeigen, raten die Ärzte den Patienten dringend, nur in „lokalen“ Apotheken zu kaufen. Einst hatten wir in Deutschland das sicherste Arzneimittelverteilungssystem der Welt: Hersteller – Großhandel – Apotheke. Die Gesundheitspolitiker tragen die Schuld daran, dass dieses Sicherheitssystem ausgehebelt wurde. Sie könnten die Sicherheit zurückholen, indem sie den Versandhandel mit Arzneimitteln wieder verbieten. Aber sie wollen nicht. Ein Glück, dass wenigstens der Versand von Tierarzneimitteln verboten ist.