Repräsentative Befragung: Betriebsärzt*innen sind in Zeiten von Ärztemangel und Zugangsdebatte ein wichtiger Versorgungshebel
München – Der zunehmende Ärztemangel gehört zu den größten Herausforderungen unseres Gesundheitssystems. Zwar steigt die Zahl der Ärztinnen und Ärzte in Deutschland weiterhin leicht an – doch der medizinische Versorgungsbedarf einer älter werdenden Bevölkerung ist größer. Ein bislang ungenutzter Hebel: Betriebsärztinnen und -ärzte stärker in die ambulante Versorgung einbinden. Rund 3.5001 von ihnen sind in Deutschland aktiv tätig – sie erreichen Menschen direkt am Arbeitsplatz, kennen deren gesundheitliche Belastungen und könnten mit erweiterten Kompetenzen einen wertvollen Beitrag leisten. Wie offen die Bevölkerung für diesen Vorschlag ist, zeigt eine aktuelle, repräsentative YouGov-Umfrage. Im Auftrag der SBK Siemens-Betriebskrankenkasse wurden 1.047 Beschäftigte in verschiedenen Unternehmen unterschiedlicher Größe befragt. Die große Mehrheit (63 Prozent2) der Berufstätigen spricht sich dafür aus, dass Betriebsärztinnen und – ärzte künftig mehr medizinische Leistungen anbieten dürfen – etwa Gesundheits-Check-ups oder zusätzliche Impfungen.
Circa die Hälfte der Berufstätigen (52 Prozent) hat bereits mindestens einmal eine betriebsärztliche Leistung in Anspruch genommen, etwa eine Impfung oder eine Vorsorgeuntersuchung. Die große Mehrheit von ihnen (71 Prozent) bewertet die betriebsärztliche Versorgung dabei als gut oder sehr gut. Mit einem Anteil von 48 Prozent ist bei den Befragten, die bereits eine betriebsärztliche Leistung in Anspruch genommen haben, der Sehtest das am häufigsten genutzte Angebot. Dicht gefolgt von den Impfungen: 47 Prozent haben von einer Betriebsärztin oder einem Betriebsarzt schon mal eine Impfung erhalten, zum Beispiel gegen Grippe. 35 Prozent waren für eine Einstellungs- bzw. Eignungsuntersuchung dort und 25 Prozent haben schon mindestens einmal eine Beratung zum ergonomischen Arbeiten genutzt.
Ungenutztes Versorgungspotenzial direkt am Arbeitsplatz
Die Umfrage zeigt aber auch, dass 46 Prozent der Erwerbstätigen noch nie eine betriebsärztliche Leistung in Anspruch genommen haben. Das verdeutlicht vor allem eines: es gibt ein großes ungenutztes Potenzial direkt am Arbeitsplatz. Häufig erreichen die Angebote nicht die Menschen, für die sie gedacht sind, oder insbesondere kleinere Unternehmen haben Schwierigkeiten, eine betriebsärztliche Versorgung für ihre Mitarbeitenden sicherzustellen. Dabei bietet genau der Arbeitsplatz eine gute Möglichkeit, Menschen dort zu erreichen, wo sie täglich sind. „Wichtig ist in diesem Zusammenhang: Die betriebsärztliche Versorgung versteht sich nicht als Ersatz, sondern als sinnvolle Ergänzung zur hausärztlichen Betreuung. Gerade durch eine enge Abstimmung zwischen Betriebsärzt*innen und Hausärzt*innen kann gesundheitliche Prävention noch wirksamer gestaltet werden. So profitieren die Beschäftigten doppelt – durch gute Versorgung am Arbeitsplatz und im persönlichen Umfeld,“ erklärt Dr. Gertrud Demmler, Vorständin der SBK Siemens-Betriebskrankenkasse.
Weniger Aufwand, besserer Zugang, mehr Prävention
So sehen das auch die Befragten: Die Mehrheit der Berufstätigen erkennt klare Vorteile, wenn Gesundheitsleistungen direkt am Arbeitsplatz angeboten werden. 52 Prozent schätzen die Möglichkeit Arztbesuche flexibel in den Arbeitsalltag integrieren zu können, 50 Prozent finden die kurzen Wartezeiten besonders attraktiv und 45 Prozent schätzen die kürzeren Anfahrtswege. Auch langfristige Effekte werden erkannt: Mehr als ein Drittel (34 Prozent) sieht in betriebsärztlichen Angeboten die Chance auf frühzeitige Erkennung von Krankheiten. Weiterhin geben 8 Prozent der Befragten an, dass sie den Betriebsärztinnen und -en besonders hohes Vertrauen schenken.
Kompetenzen ausweiten = Versorgung stärken
Betriebsärztinnen und -ärzte unterliegen derzeit strengen gesetzlichen Regelungen. Sie dürfen meist nur Leistungen anbieten, die unmittelbar mit Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit zu tun haben. Außerdem sind sie nicht an die Primärversorgung angebunden und können nur sehr umständlich mit Krankenkassen abrechnen, was sowohl für die Betriebsärzteschaft als auch die Beschäftigen Einschränkungen bedeutet. „Derzeit ist es oft so, dass wir Mitarbeitende mit ihren Beschwerden abweisen müssen, da wir ausschließlich Notfälle behandeln und keine weiterführenden Therapien anbieten dürfen. Betroffene werden an das kassenärztliche System verwiesen, wo sie neue Termine – oftmals mit langen Wartezeiten – vereinbaren und die Untersuchungen von Beginn an durchlaufen müssen,“ sagt Dr. Ralf Franke, Leitender Betriebsarzt der Siemens AG. Die SBK fordert daher, den Handlungsspielraum dieser Berufsgruppe zu erweitern – zum Wohle der Versicherten und zur Entlastung des Gesundheitssystems insgesamt.
Dazu braucht es:
Mehr Befugnis: Betriebsärztinnen und -ärzte benötigen insgesamt mehr Möglichkeiten zur Früherkennung und Überwachung von Risikofaktoren. Auch für die Betreuung von chronischen Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck oder Asthma könnten sie in Kooperation mit den Haus- und Fachärzt*innen eine wichtige Rolle einnehmen.
Mehr Vernetzung: Um den Beschäftigten sinnvoll weiterhelfen zu können, müssen sich Betriebsärztinnen und -ärzte mit Haus- und Fachärzteschaft vernetzen können. Durch die Einbindung in die Telematikinfrastruktur (TI) könnten sie mit der elektronischen Patientenakte (ePA), dem eRezept und der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) arbeiten und in den Austausch mit anderen Leistungserbringenden treten.
Abrechnung mit Krankenkassen: Statt aufwändiger Einzelverträge zwischen Krankenkassen und Betriebsärzt*innen brauchen sie eine generelle Ermächtigung z.B. für Impfungen, Präventionsempfehlungen, die Heilmittelversorgung sowie die Ausstellung fachärztlicher Überweisungen.
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[1] Quelle: forum.dguv.de/ausgabe/6-2021/artikel/betriebsaerztlicher-betreuungsbedarf-in-deutschland
[2] Antwort: „Ja, auf jeden Fall“ und „Ja, eher schon“
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