Labordiagnostik ist in der modernen Medizin ein integraler Bestandteil guter Versorgung: 7 von 10 aller Diagnosen beruhen auf ärztlichen Laborbefunden. Welche Schlüsselrolle die qualitätsgesicherte Labormedizin bei der Patientensteuerung und in der Primärversorgung spielt, stand im Mittelpunkt der diesjährigen Fokusveranstaltung des ALM e.V. am 3. November 2025 in Berlin unter dem Titel „Qualität in der Versorgung stärken: Die Rolle der Labordiagnostik in der Patientensteuerung“.
Dr. Michael Müller, 1. Vorsitzender des ALM e.V., betonte in seiner Keynote die zentrale Funktion der ärztlich verantworteten Labordiagnostik in der Patientensteuerung: „Die fachärztlichen Labore tragen wesentlich dazu bei, Patientinnen und Patienten gezielt, bedarfsgerecht und effizient durch das Versorgungssystem zu leiten. Sie ist ärztlich, patientenzentriert und das unverzichtbare diagnostische Rückgrat der modernen Medizin – von der Prävention über die Früherkennung bis hin zur Therapie. Insbesondere aus den in der Primärversorgung tätigen Arztgruppen wird die überwiegende Zahl an Laborüberweisungen an die Facharztlabore gerichtet.“ Die Labordiagnostik sei dabei nicht nur unverzichtbarer Bestandteil der Primärversorgung, sondern auch Vorreiterin in Digitalisierung und Qualitätssicherung. „Während in vielen Bereichen des Gesundheitswesens noch über Qualitätsanreize diskutiert wird, ist in der Labordiagnostik längst Pay for Performance etabliert. Qualität ist bei uns messbar und Voraussetzung für die Honorierung/Vergütung“, so Müller weiter.
Patientensteuerung braucht Qualität und Struktur
In der Diskussion wurde deutlich, dass eine effiziente Steuerung von Patientinnen und Patienten ohne die Einbindung der fachärztlichen Labore nicht möglich ist. Diese gewährleisten eine flächendeckende, wohnortnahe und sektorenübergreifende Diagnostik – rund um die Uhr und sowohl ambulant als auch stationär. Das Podium war sich über den hohen Stellenwert der Labormedizin einig. Karin Maag (G-BA) hob hervor, dass die Labormedizin eine versorgungsrelevante Ressource und Grundlage für fundierte medizinische Entscheidungen darstellt, die stärker in die Patientensteuerung eingebunden werden müsse. Angesichts zunehmender Ressourcenknappheit komme ihr künftig eine noch wichtigere Rolle zu. Zugleich habe die jüngste Laborreform insbesondere kleinere Labore stark belastet.
Aus Sicht der Ersatzkassen, so Boris von Maydell (vdek), ist die digitale Ersteinschätzung ein zentraler Bestandteil einer modernen Patientensteuerung. Für chronisch kranke Menschen müsse sie den direkten Zugang zu Laboren und anderen fachärztlichen Versorgungsstrukturen ermöglichen und zugleich in die dringend erforderliche Reform der Notfallmedizin integriert werden. Frau Maag und Herr von Maydell betonten, dass aus ihrer Sicht Labormedizin unverzichtbar für die Versorgung sei.
Dr. Christiane Wessel (KV Berlin) betonte, dass Patientinnen und Patienten im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung stärker eingebunden werden müssten – insbesondere bei der Frage, welche Leistungen das Gesundheitssystem künftig leisten kann und will. Sie unterstrich die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit zwischen Laborärztinnen und -ärzten sowie anderen Facharztgruppen, die als gleichberechtigte Partner sowohl in der Diagnostik als auch im Therapieverlauf agieren sollten. In der Diskussion wurde weiterhin hervorgehoben, dass die Entbudgetierung im Bereich der hausärztlichen Versorgung unweigerlich zu einer höheren Inanspruchnahme von Laborleistungen führe. In diesem Zusammenhang stelle sich die Frage nach der Vergütung dieser Leistungen.
Ärztliche Verantwortung durch zukunftsorientierte Patientenversorgung sichern
Müller warnte zugleich vor aktuellen politischen Fehlentwicklungen, etwa der geplanten Ausweitung diagnostischer Leistungen in Apotheken: „Diagnostik ist ärztliche Aufgabe. Wer Indikationen stellt, trägt Verantwortung – auch im Labor. Wenn diese Verantwortung verwässert wird, leidet am Ende die Versorgungsqualität.“ Fachärztliche Labore könnten künftig noch stärker zu einem „Leuchtturm“ für die Navigation im Gesundheitssystem werden – etwa durch eine digitale Ersteinschätzung über die bundesweite Nummer 116 117, den ärztlichen Bereitschafts- und Vermittlungsdienst der Kassenärztlichen Vereinigungen.
„Digitale Ersteinschätzungen könnten den Direktkontakt zum Labor bereits vor dem eigentlichen Arzttermin bahnen, sodass behandelnde Ärztinnen und Ärzte die relevanten Laborinformationen von Beginn an vorliegen haben“, schlägt Müller vor. „Das verbessert die Steuerung, spart Zeit und stärkt die Qualität der Versorgung.“
Ohne faire Finanzierung kein Labor rund um die Uhr
Darüber hinaus, so Müller, müsse eine angemessene Vorhaltefinanzierung auch für die fachärztlichen Labore gelten, die heute nahezu rund um die Uhr arbeiten, jedoch durch den zunehmenden Kostendruck gezwungen sind, ihr Leistungsangebot einzuschränken. Nur so könne die ambulante Akut- und Notfallversorgung auch künftig flächendeckend und qualitätsgesichert gewährleistet werden. Eine nachhaltige Patientensteuerung müsse, so Müller abschließend, auf Qualität statt Mengenbegrenzung beruhen: „Wir brauchen keine Versprechen, die niemand einlösen kann, sondern ein System, das sich am medizinisch Sinnvollen orientiert.“
Ein besonderer Dank gilt Susann E. Knoll vom Tagesspiegel für die hervorragende Moderation der Veranstaltung.
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Über den ALM e.V.:
Der ALM e.V. ist der Verband der Akkreditierten Labore in der Medizin und repräsentiert über 200 medizinische Laboratorien in Deutschland. Er engagiert sich für eine patientenzentrierte, qualitativ hochwertige und wirtschaftlich nachhaltige Labordiagnostik.