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Störung führt zu schweren Krankheiten

MDC- und FMP-Forscher klären grundlegenden Prozess für Proteinabbau auf

Berlin – Der Abbau von Eiweißen (Proteinen) in Zellen ist lebenswichtig. Ist er gestört, können schwere Erkrankungen die Folge sein. Jetzt hat die Forschergruppe von Prof. Thomas Jentsch (Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin, MDC, Berlin-Buch/Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie, FMP) einen dafür grundlegenden zellbiologischen Vorgang aufgeklärt. In gleich zwei Publikationen, die jetzt die amerikanische Fachzeitschrift Science veröffentlicht hat, konnten sie zeigen, dass der Proteinabbau in winzigen Zellorganellen entgegen gängiger Lehrmeinung nicht allein vom pH-Wert abhängt, sondern von der Anreicherung von Chloridionen in ihrem Innern (Science Express online DOI: 10.1126/science.1188070; DOI: 10.1126/science.1188072)*.

Proteine sind die Baustoffe und Maschinen des Lebens. Sie kommen zigtausendfach in einer Zelle vor und erfüllen lebenswichtige Aufgaben im Organismus. Haben sie ihre Funktion erfüllt, müssen sie abgebaut werden, um keinen Schaden anzurichten. Ein Weg, über den Proteine abgebaut werden, läuft über Verdauungsprozesse im Innern winziger Organellen in Zellen, den sogenannten Lysosomen. Der Transport der für den Abbau vorgesehenen Proteine zu diesen „zellulären Mülleimern“ erfolgt zum Teil über Endosomen. Sie nehmen diese Proteine von außen in die Zellen auf. Die Funktion sowohl von Endosomen als auch Lysosomen hängt von der Konzentration von Ionen in ihrem Innern ab. Insbesondere einer hohen Konzentration von Wasserstoffionen, dass heißt einem sauren pH, wird hier eine wichtige Rolle zugeschrieben.

Dreh- und Angelpunkt der jetzt veröffentlichten Arbeiten von Dr. Stefanie Weinert, Dr. Gaia Novarino und Prof. Thomas Jentsch sind zwei bestimmte Ionentransportproteine, die Chloridtransporter ClC-5 und ClC-7. Diese sitzen in der Membran von Endosomen bzw. Lysosomen und tauschen negativ geladene Chloridionen gegen positiv geladene Wasserstoffionen aus.

ClC-5 befindet sich in der Membran von Endosomen in Nierenzellen. Ist ClC-5 mutiert oder fehlt es, werden Proteine kaum mehr aus dem Harn aufgenommen und es kommt über indirekte Mechanismen zu Nierensteinen (Dent`sches Erbleiden).

ClC-7 liegt in der Membran von Lysosomen in allen Zellen des Körpers vor. Die Gruppe um Thomas Jentsch hatte schon vor einigen Jahren gezeigt, dass Mutationen von ClC-7 in Maus und Mensch zu schweren Krankheitssymptomen führen. Durch gestörten lysosomalen Proteinabbau im Gehirn kommt es zu schweren degenerativen Veränderungen und massivem Absterben von Nervenzellen. Störung der Ansäuerung durch knochenabbauende Zellen, den Osteoklasten, führt zu stark verkalkten Knochen, der Osteopetrose.

Die Chlorid-Wasserstoff-Ionenaustauscher ClC-5 und ClC-7 fungieren parallel zur Wasserstoffionenpumpe, die ein saures Milieu in Endosomen und Lysosomen gewährleistet. ClC-5 und ClC-7 sorgen dafür, dass Chloridionen (negativ geladene Teilchen) in die Zellorganelle einströmen und den Ladungsausgleich für den Einwärtstransport positiv geladener Wasserstoffionen durch die „Pumpe“ sicherstellen. Bisher ging die Forschung davon aus, dass ClC-5 und ClC-7 nur für diesen Ladungsausgleich gebraucht werden. Ohne diesen Ladungsausgleich und diese Ansäuerung ist sowohl der Transport von Endosomen als auch der lysosomale Eiweißabbau gestört.

Prof. Jentsch und seine Mitarbeiter hatten aber schon vor einigen Jahren zeigen können, dass sich der pH-Wert bei Lysosomen, denen ClC-7 fehlt, nicht verändert und dennoch eine lysosomale Speicherkrankheit sowie Osteopetrose auftreten. Das heißt, dass in Lysosomen ein Ladungsausgleich auch über einen anderen, bisher unbekannten Mechanismus erfolgen kann, und dass möglicherweise die Rolle von ClC-7 eher in der Regulation der Chloridkonzentration von Lysosomen zu sehen ist. Die Berliner Gruppe formulierte die Hypothese, dass der Austausch von Chlorid gegen Wasserstoffionen, die im sauren Milieu von Lysosomen höher konzentriert sind als im sonstigen Zellinnern, zu einer funktionell wichtigen Chloridakkumulation in der Organelle führt.

Um diese Hypothese zu testen, wandelten Dr. Novarino und Dr. Weinert, wie Prof. Jentsch weiter erläutert, „in einem eleganten Versuchsansatz“ die ClC-5 und ClC-7 Chlorid-Wasserstoff-Ionenaustauscher in der Maus in reine Chloridleitfähigkeiten (Kanäle) um. Dazu tauschten sie eine einzige Aminosäure von insgesamt rund 800 dieser Eiweißbausteine der Ionentransporter aus. Die dadurch entstandenen mutierten Transportproteine sind optimal für einen Ladungsausgleich für die Wasserstoffionen-Pumpe geeignet und sollten daher, so die Annahme der Forschergruppe, die Ansäuerung der Organellen bestens unterstützen. Die fehlende Kopplung von Chlorid- an Wasserstoffionentransport sollten jedoch die Chloridakkumulation im Innern der Organellen stark verringern, wie es die Forscher an ihrem Mausmodell experimentell bestätigen konnten.

„Erstaunlicherweise“, so Prof. Jentsch, „zeigten die entsprechenden Mäuse fast die gleichen Krankheitserscheinungen wie bei einem totalen Verlust der jeweiligen Proteine.“ Mit diesem Experiment konnten die MDC- und FMP-Forscher erstmals zeigen, dass nicht nur eine fehlende Ansäuerung, sondern die verringerte Ansammlung von Chloridionen in den Organellen bei defekten ClC-5 und ClC-7 eine entscheidende Rolle bei der Entstehung dieser schweren Erbleiden des Menschen spielt. Diese erstmals entdeckte Funktion von Chlorid wird möglicherweise auch bei anderen Krankheiten des Menschen eine Rolle spielen.

*Endosomal Chloride-Proton Exchange Rather Than Chloride Conductance is Crucial for Renal Endocytosis Gaia Novarino1, Stefanie Weinert1, Gesa Rickheit1,2 & Thomas J. Jentsch1 1 Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP)and Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC), Berlin, Germany 2 Present address: TaconicArtemis GmbH, Köln, Germany

* Lysosomal Pathology and Osteopetrosis Upon Loss of H+-Driven Lysosomal Cl- Accumulation Stefanie Weinert1,2, Sabrina Jabs1,2,6, Chayarop Supanchart3, Michaela Schweizer4, Niclas Gimber1,2, Martin Richter1,6, Jörg Rademann1,6,7, Tobias Stauber1,2,Uwe Kornak3,5 & Thomas J. Jentsch1,2 1 Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP), Berlin, Germany 2 Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC), Berlin, Germany 3 Institut für Medizinische Genetik, Charité Universitätsmedizin Berlin, Germany 4 Zentrum für Molekulare Neurobiologie (ZMNH), Universität Hamburg, Hamburg, Germany 5 Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik, Berlin, Germany 6 Freie Universität, Berlin, Germany 7Present address: Institut für Pharmazie, Universität Leipzig, Leipzig, Germany