Eine Behinderung bringt im Alltag häufig höhere Kosten mit sich. Um Betroffene zumindest steuerlich zu entlasten, gibt es den Behinderten-Pauschbetrag. Was viele nicht wissen: Auch Menschen mit Pflegegrad 4 oder 5 können davon profitieren – und zwar ohne, dass bei ihnen ein Grad der Behinderung (GdB) festgestellt werden muss. Der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e. V. (VLH) erläutert die Details zu dieser Entlastung.
Ab GdB 20 Anspruch auf Behinderten-Pauschbetrag
Fast acht Millionen Menschen mit einer schweren Behinderung leben laut den jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamts in Deutschland. Eine Schwerbehinderung liegt ab einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 vor. Grundsätzlich können Menschen ab einem GdB von 20 einen Behinderten-Pauschbetrag in Anspruch nehmen.
Die steuerliche Entlastung durch den Pauschbetrag beginnt bei 384 Euro für einen GdB von 20 und steigt stufenweise bis auf 2.840 Euro für einen GdB von 95 und 100. Allerdings ist ein noch höherer Betrag möglich: Für die Merkmale „H“ (hilflos) und „Bl“ (blind) im Behindertenausweis oder einem entsprechenden Bescheid des Versorgungsamts beträgt der Pauschbetrag bis zu 7.400 Euro.
Bis zu 7.400 Euro als Behinderten-Pauschbetrag möglich
Seit 2021 steht nicht mehr nur Schwerbehinderten mit den entsprechenden Merkmalen der erhöhte Behinderten-Pauschbetrag zu. Denn auch wer als pflegebedürftige Person unter schwerster Beeinträchtigung der Selbstständigkeit leidet und in die Pflegegrade 4 oder 5 eingestuft wird, wird einer hilflosen Person mit dem Merkzeichen „H“ gleichgestellt und kann bis zu 7.400 Euro als Pauschbetrag geltend machen – und zwar ohne einen Grad der Behinderung feststellen lassen zu müssen. Dafür benötigen die Betroffenen den Bescheid der Pflegekasse, in dem die Einstufung in den Pflegegrad 4 oder 5 dokumentiert ist. Sie müssen dann keine Feststellung einer Behinderung mit dem Merkzeichen „H“ beantragen.
Wichtig: Wer den Behinderten-Pauschbetrag geltend machen möchte, muss zwingend eine Steuererklärung für das entsprechende Jahr abgeben und die Anlage „Außergewöhnliche Belastungen“ ausfüllen. Gut zu wissen: Auch wenn ein entsprechender GdB oder Pflegegrad erst Mitte oder Ende eines Jahres festgestellt wird, gewährt das Finanzamt diesen auf Antrag und mit dem entsprechenden Nachweis in voller Höhe für das gesamte Jahr.
Höhere Kosten unter Umständen als außergewöhnliche Belastung absetzbar
Und was ist, wenn die regelmäßigen Kosten nach Abzug einer zumutbaren Belastung höher ausfallen als der Behinderten-Pauschbetrag, der dem oder der Betroffenen zusteht? Dann bleibt immer noch die Möglichkeit, die Kosten einzeln als außergewöhnliche Belastung von der Steuer abzusetzen. In dem Fall müssen jedoch alle Rechnungen gesammelt und aufbewahrt werden, falls das Finanzamt diese überprüfen möchte. Nimmt man den Pauschbetrag in Anspruch, müssen keine Rechnungen aufbewahrt beziehungsweise vorgelegt werden.
Wichtig: Für außergewöhnliche Belastungen errechnet das Finanzamt zunächst eine zumutbare Belastung. Diese beträgt 1 bis 7 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte. Der Prozentsatz ist abhängig von der Höhe der Einkünfte, der Veranlagungsart und ob beziehungsweise wie viele Kinder steuerlich zu berücksichtigen sind. Erst der Betrag über dieser Grenze kann sich steuermindernd auswirken. Bei der Anwendung des Behinderten-Pauschbetrags wird jedoch keine zumutbare Belastung berücksichtigt.
Die VLH: Größter Lohnsteuerhilfeverein Deutschlands
Der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e. V. (VLH) ist mit mehr als einer Million Mitgliedern und bundesweit rund 3.000 Beratungsstellen Deutschlands größter Lohnsteuerhilfeverein. Gegründet im Jahr 1972, stellt die VLH außerdem die meisten nach DIN 77700 zertifizierten Beraterinnen und Berater.
Die VLH erstellt für ihre Mitglieder die Einkommensteuererklärung, beantragt sämtliche Steuerermäßigungen, prüft den Steuerbescheid und einiges mehr im Rahmen der Beratungsbefugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG.