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Datenauswertung der Akkreditierten Labore in der Medizin zeigt: Die Laborreform arbeitet gegen die Umsetzung des Infektionsschutzes in Deutschland
Abbildung 1

Datenauswertung der Akkreditierten Labore in der Medizin zeigt: Die Laborreform arbeitet gegen die Umsetzung des Infektionsschutzes in Deutschland

Pressemitteilung

Berlin, 28. Februar 2019 – Eine anonymisierte Datenauswertung der Akkreditierten Labore in der Medizin – ALM e.V. zeigt: Bei gesetzlich versicherten Patienten sind seit Inkrafttreten der Laborreform weniger Blutuntersuchungen zur Früherkennung der infektiösen Hepatitis B und C angefordert worden. Das widerspreche dem Gedanken eines präventiven Infektionsschutzes, so der ALM e.V. Der Berufsverband der Akkreditierten Medizinischen Labore (ALM) vertritt derzei­t über 200 medizinische Labore in Deutschland. „Die Arbeitsgruppe Versorgungsforschung des ALM e.V. verfolgt die Aufgabe, anonymisiert Daten der ALM-Mitgliedslabore zu aktuellen Fragen in der Patientenversorgung wissenschaftlich auszuwerten, um so den Einsatz von Labordiagnostik sinnvoll zu gestalten und Unter- bzw. Überversorgung von Patienten laborärztlich aufzuzeigen“, sagt Prof. Dr. Jan Kramer, Internist und Laborarzt und als Vorstandsmitglied des ALM auch Sprecher der AG Versorgungsforschung.

„Ausgelöst durch die Laborreform zum 1. April 2018 ist es im 3.
Quartal 2018 im Vergleich zum 3. Quartal 2017 bei gesetzlich krankenversicherten Patienten im ambulanten Bereich zu einem Rückgang der Anforderungen der Screening-Parameter zur Früherkennung der infektiösen Hepatitis B und C gekommen. Die Untersuchung des Laborparameters HBs-Antigen (EBM 32781) wurde deutschlandweit um (-) 7,4 % und der anti-HCV-Antikörper (EBM 32618) um (-) 9,4 %weniger durch die zuweisenden Arztpraxen in den medizinischen Laboren angefordert“, führt Prof. Kramer aus (siehe Abbildung 1).Für diese wissenschaftliche Datenauswertung wurden aktuell für die benannten drei Quartale 2017 und 2018 insgesamt 510.656 anonymisierte Patientendatensätze der ALM-Mitglieds­labore ausgewertet. Diese Aussage ist repräsentativ für die Lage der laborärztlichen Patienten­versorgung in Deutschland.

„Durch den Rückgang der Anforderungszahlen für eine sinnvolle labormedizinische Früherkennung können Risiken im Infektionsschutz der Bevölkerung und für das auf der medizinischen Labordiagnostik basierte Meldewesen entstehen“, erklärt Prof. Dr. med. Johannes Wiegand, Oberarzt der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie am Universitätsklinikum Leipzig.

Die Globale Strategie der WHO (Global Health Sector Strategy) sieht eine massive Eindämmung der Hepatitis B und C bis 2030 vor, mit dem Ziel der Eliminierung der Virushepatitis als Bedrohung der öffentlichen Gesundheit. Die Bundesregierung hat sich in ihrer „BIS 2030-Strategie“ ebenfalls dazu verpflichtet, diese chronischen Virusinfektionen einzudämmen. „Wegen des häufig chronischen, meist jahrelangen Verlaufs ohne spezifische Symptome werden diese Erkrankungen ohne eine entsprechende Labordiagnostik zur Früherkennung oft erst in fortgeschrittenen Stadien erkannt“, erläutert Prof. Kramer. Die lebensbedrohlichen Spätfolgen der chronischen Virushepatitis wie Leberzirrhose und Leberzellkrebs haben in den vergangenen Jahren in Deutschland, wie auch weltweit, immer mehr zugenommen (WHO Global hepatitis report 2017).

Die meisten der jeweils etwa 300.000 HCV- und HBV-Infizierten in Deutschland wissen nichts von ihrer Erkrankung und finden daher keinen oder erst zu spät Zugang zu einer Therapie. Dies ist besonders dramatisch, da bei rechtzeitiger Diagnose die genannten lebensbedrohlichen Komplikationen verhindert und Menschen mit Hepatitis C fast immer geheilt werden können.

In dem vom Bundesgesundheitsministerium 2016 herausgegebenen „Strategiepapier BIS 2030“ (Strategie zur Eindämmung von HIV, Hepatitis B und C und anderen sexuell und durch Blut übertragbaren Erkrankungen – BIS 2030 – Bedarfsorientiert-Integriert-Sektorenübergreifend) wird ausdrücklich auch eine Erhöhung der Diagnoseraten und eine Reduzierung der Spätfolgen der infektiösen Virushepatitis angestrebt. Dabei ist der entscheidende diagnostische Schritt eine sinnvoll eingesetzte Labordiagnostik in der ärztlichen Versorgung von Patienten. Die Indikation der Labordiagnostik wird in den die Patienten direkt betreuenden Arztpraxen gestellt und die Anforderung der Laboruntersuchung im medizinischen Facharztlabor von dort aus mittels Überweisung und Übermittlung der Patientenprobe ausgelöst.

Die Zielstellung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung mit der Laborreform zum 1. April 2018 ist die Reduktion von Laborkosten in der Versorgung gesetzlich versicherter Patienten. So werden Arztpraxen mit einem Wirtschaftlichkeitsbonus belohnt, wenn sie in der Patientenversorgung keine oder nur sehr wenige Laboruntersuchungen anfordern. Durch sogenannte Ausnahmekennziffern wurden insbesondere bei chronisch kranken Patienten viele Laboranalysen freigestellt und nicht in die Abstaffelung des Bonus für die Arztpraxen einberechnet. Diese Befreiungsziffern wurden mit der Laborreform deutlich beschnitten. So belastet seit April 2018 beispielsweise der Hepatitis-C-Antikörpertest das Laborbudget der niedergelassenen Ärzte. Dieser Test wird von der Ausnahmekennziffer 32006 nicht mehr abgedeckt. Damit droht Ärzten ein wirtschaftlicher Nachteil, wenn sie Hepatitis C-Testungen veranlassen, die nach den Leitlinienindikationen für die Diagnostik und Früherkennung der Hepatitis C durchgeführt werden sollten. Diese leitliniengerechten Testungen sollten aber nach der BIS 2030-Strategie ermöglicht und nicht erschwert werden.

Schon im November 2018 hatte die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) die KBV auf durch die Laborreform bedingte Störungen der Früherkennung der Hepatitisinfektionen in einer durch den Haus- und Frauenarzt Dr. Ingmar Wolffram verfassten Stellungnahme hingewiesen. „Wenn die Bezahlung eines Wirtschaftlichkeitsbonus in der Arztpraxis zur Reduktion der Anforderungen von sinnvollen Laboruntersuchungen in der Früherkennung von Infektionen in der Patientenversorgung führt, dann widerspricht dies ärztlich-ethischen Gesichtspunkten und bedarf aus meiner Sicht einer dringenden Anpassung“, fasst Dr. Wolffram seine hausärztliche Sichtweise zusammen.

Deshalb stellt sich die Frage: Ist eine Einsparung in der ambulanten Laborversorgung gesetzlich versicherter Patienten überhaupt systemkonform? Laut der amtlichen KJ 1-Zahlen für 2017 werden in Deutschland jährlich rund 218 Milliarden Euro für die Gesundheit ausgegeben. Daneben erscheinen die in der Versorgung von GKV-Patienten anfallenden Laborkosten mit insgesamt 2,24 Milliarden pro Jahr als gering. Zudem fällt der relative Laborkostenanteil an den Ausgaben im Gesundheitssystem seit 20 Jahren stetig. In einer Daten­recherche aus dem Jahr 2018 betrug der relative Laborkostenanteil an der Gesundheitsversorgung maximal 2,5 Prozent (GBE, Gesundheitsberichtserstattung des Bundes). Im Zusammenhang mit einer ambulanten jährlichen Fallzahlsteigerung bis 5 Prozent auf Basis der demografischen Entwicklung der Bevölkerung und der Sektorenverlagerung aus dem Krankenhaus in den ambulanten Bereich erscheint auch die jährliche Steigerungsrate der Gesamtausgaben im Laborbereich mit 4,1 Prozent (Angabe GKV, 2017) aus gesundheitspolitischer Sicht vertretbar – insbesondere bei Kenntnis der medizinischen Bedeutung der Labordiagnostik. So werden 70 Prozent aller Diagnosen mit Hilfe medizinischer Laboruntersuchungen gestellt.

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Abbildung 1:
Relative Laboranforderungsmengen im Vergleich zum Vorjahresquartal für die Laborwerte zur Früherkennung einer Hepatitis B (HBs-Antigen, HBsAG mit der EBM-Ziffer 32781) und einer Hepatitis C (anti-HCV mit der EBM-Ziffer 32618).

Bereits im 1. Quartal 2018 wurden zahlreiche Ankündigungen zu den wirtschaftlichen Folgen in der anfordernden Arztpraxis im Rahmen der Laborreform mit Beginn ab dem 1. April 2018 veröffentlicht. Voraussichtlich aus Angst vor wirtschaftlichen persönlichen Folgen wurde daher ab dem 2. Quartal 2018 die Anforderung beispielsweise der genannten Laborwerte zur Früherkennung einer Hepatitis-Infektion signifikant vermindert.

Für diese wissenschaftliche Analyse wurden im Rahmen der AG Versorgungsforschung des ALM e.V. insgesamt 2.432.951 anonymisierte Datensätze für HBsAg und 2.428.792 anonymisierte Datensätze für anti-HCV ausgewertet.
Unveröffentlichte Daten von Prof. Dr. Jan Kramer, Januar 2019

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Über die Akkreditierten Labore in der Medizin – ALM e.V.
ALM e.V. ist der Berufsverband der Akkreditierten Medizinischen Labore (ALM) in Deutschland. Der Verband vertritt derzeit über 200 medizinische Labore mit 900 Fachärzten, rund 500 Naturwissenschaftlern und etwa 25.000 qualifizierten Mitarbeitern. Der Zweck des Vereins ist die Förderung und Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen labormedizinischen Patientenversorgung in Deutschland. Die Mitglieder des Verbandes sichern eine flächendeckende Patientenversorgung, auch in strukturschwachen Gebieten. Die Mitgliedslabore sind nach der höchsten Qualitätsnorm für medizinische Laboratorien (DIN ISO EN 15189) akkreditiert und erfüllen uneingeschränkt die Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung labormedizinischer Untersuchungen (RiliBÄK). Die Aus- und Weiterbildung des ärztlichen und technischen Personals ist ein wesentlicher Aspekt ihrer täglichen Arbeit, um langfristig die zuverlässige Versorgung von Millionen von Patienten sicherstellen zu können. Der Verein strebt eine kollegiale Zusammenarbeit mit der gemeinsamen Selbstverwaltung, den medizinischen Fachgesellschaften, Berufsverbänden und Vereinen an, um gemeinschaftlich die Zukunft der Labore in der medizinischen Diagnostik in Deutschland zu gestalten.