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Experten diskutierten Zukunftsmodelle beim AOK-Tag in Dortmund: Auf dem Weg zur integrierten Notfallversorgung

Pressemitteilung

Dortmund – Viele Notaufnahmen der Krankenhäuser auch in Nordrhein-Westfalen sind überlastet. Immer mehr Patienten, die objektiv kein Notfall sind, gehen direkt in die Notaufnahme oder rufen den Rettungsdienst über Notruf anstelle des ärztlichen Bereitschaftsdienstes an. All das führt zu überfüllten Ambulanzen, genervten Patienten, überfordertem Personal sowie unnötigen Krankenhausaufnahmen und Rettungsfahrten. Gelöst werden könnte das Problem mit einem ‚integrierten Notfallkonzept‘. Darüber waren sich die Experten beim AOK-Tag der Selbstverwaltung in Dortmund einig. Doch über die genaue inhaltliche Ausgestaltung gab es unterschiedliche Auffassungen. Das wurde während der Podiumsdiskussion vor rund 150 Gästen aus Gesundheitswesen, Politik und Wirtschaft deutlich.

Einigkeit bestand über die Nutzung eines gemeinsamen Tresens an den Krankenhäusern, über den eine fachlich fundierte Einschätzung des Behandlungsbedarfs vorgenommen wird, um den Patienten dann weiter sicher durch das System zu führen. Unterschiedlich diskutiert wurde jedoch darüber, wo dieser Tresen genau angesiedelt werden sollte, wie viele man davon braucht, wer ihn betreibt und wie das Ganze bezahlt wird. Auch gab es unterschiedliche Ansätze, wie die Integrierten Leitstellen organisiert, ob die Rufnummern 112 und 116117 unter einer einheitlichen Rufnummer zusammengelegt werden sollen oder ob man sie technisch miteinander verknüpft.

„Nun kommt endlich Bewegung in das Thema, das sogar im Regierungsprogramm der Großen Koalition auf Bundesebene verankert ist“, sagte Johannes Heß, alternierender AOK-Verwaltungsratsvorsitzender und Arbeitgebervertreter. Und es gebe bereits erste gute Lösungsansätze, die nunmehr mit den unterschiedlichen Interessen der Akteure abgeglichen werden müssten. „Wenn wir zu einer Notfallversorgung aus einem Guss kommen wollen, gilt es ein dickes Brett zu bohren, in dem auch noch einige versteckte Nägel stecken“, so Heß.

Prof. Dr. Wolfgang Greiner (Mitglied im Sachverständigenrat Gesundheit, Lehrstuhl für „Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement“ der Universität Bielefeld) erklärte in seinem Impulsreferat: „Angesichts verbreiteter Fehlinanspruchnahmen und einer offenbar unzureichenden Steuerung ist ein Bündel von Maßnahmen zur Neuordnung einer zukünftig bedarfsgerechten, sektorenübergreifend koordinierten Notfallversorgung „aus einer Hand“ erforderlich. Dazu gehören eine bundeseinheitliche Rufnummer für Integrierte Leitstellen (ILS) und Integrierte Notfallzentren (INZ).“

In die gleiche Richtung argumentierte AOK-Vorstandschef Tom Ackermann: „Mit dem von uns favorisierten Konzept der ‚integrierten Notfalleinheit‘ sollen Patienten unterstützt werden und eine einheitliche Anlaufstelle im Krankenhaus erhalten. Dort entscheidet speziell ausgebildetes medizinisches Fachpersonal an einem gemeinsamen Tresen, ob es sich um einen Fall mit oder ohne Lebensgefahr handelt und leitet Patienten dann entsprechend in die stationären oder ambulanten Notfallstrukturen. Abhängig vom Gesundheitszustand kann der Patient zur Akutbehandlung auch in die reguläre stationäre Versorgung verlegt oder in die vertragsärztliche Regelversorgung verwiesen werden. „Es muss uns endlich gelingen, zu einer besser abgestimmten und verzahnten Notfallversorgung zu kommen. Nur so haben Patienten Klarheit, an wen sie sich im Notfall wenden können. Dafür bietet unser Konzept die besten Voraussetzungen“, so Ackermann, der für seinen Vorschlag von den anderen Diskussionsteilnehmer viel Zuspruch erhielt.

Auf dem Weg zu ‚Integrierten Notfallzentren‘ müsse jetzt mehr Gas gegeben werden. „Es gibt doch schon reichlich Erfahrungen mit Anlauf- und Portalpraxen“, betonte Georg Keppeler, alternierender AOK-Verwaltungsratsvorsitzender und Arbeitnehmervertreter. Damit sollte es möglich sein, jetzt gezielt und pragmatisch die nächsten Schritte zu machen“, so Keppeler. Außerdem forderte er zeitnah eine technische Lösung, die beiden telefonischen Anlaufstellen besser miteinander zu verzahnen. Auch den Ansatz, den Behandlungsbedarf bereits am Telefon durch eine einheitlich strukturierte Abfrage besser einzuordnen, hält er für sinnvoll.

Für eine Betrachtung der Integrierten Versorgung aus der Sicht der Patienten setzte sich Heike Gebhard, MdL NRW, SPD-Fraktion, Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales, ein. „Alle Patienten und Patientinnen und deren Angehörige müssen im Notfall wissen, wo und wie sie die beste Hilfe erhalten können. Dies gelingt nur über integrierte Notfallzentren, bei denen der ärztliche Bereitschaftsdienst und die Notfallzentrale der Klinik zusammenarbeiten und eine telefonische Leitstelle, die nach Bedarf in unser vorhandenes Rettungssystem vermittelt. Die sektorale Trennung in der Notfallversorgung muss auch bei ihrer Finanzierung überwunden werden“, so Gebhard.

Peter Preuß, MdL NRW, CDU-Fraktion, gesundheitspolitischer Sprecher, bewertet die Notfallversorgung in Nordrhein-Westfalen grundsätzlich als gut. Sie dürfe nach seiner Meinung nicht schlechtgeredet werden, egal ob diese im Krankenhaus oder von den Bereitschaftsdiensten der Kassenärztlichen Vereinigung erbracht werde. „Um echte Notfälle zu identifizieren und diese von unnötiger Inanspruchnahme der Versorgungskapazitäten zu unterscheiden, bedarf es einer konzeptionellen Steuerung mit klaren Regeln. Sowohl die Erreichbarkeit der Notfalleinrichtungen als auch die Notfallversorgung sind in bestmöglicher Qualität zu gewährleisten.“

Über erste Praxiserfahrungen des im Juli gestarteten Pilotprojekts ‚Integrierte Leitstelle‘ in Ostwestfalen-Lippe berichtete Dr. Gerhard Nordmann, erster Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). „Mit unserem Projekt wollen wir die Fehlinanspruchnahme von Klinikambulanzen und Rettungsdiensten reduzieren“, sagte Nordmann. Gemeinsam mit den Rettungsleitstellen in Paderborn, Höxter und Lippe würden seither Erfahrungen dazu gesammelt, inwiefern die klassische Notrufnummer 112 und die Bereitschaftsdienstnummer 116117 von einer einheitlichen, regionalen Leitstelle gesteuert werden können. Die Disponenten haben hier nicht nur Zugriff auf Rettungsdienst und Notarzt, sondern können auch den Fahrdienst der Kassenärzte anfordern oder die Patienten an eine Notfalldienstpraxis verweisen. „Die ersten Wochen im Praxisbetrieb stimmen uns optimistisch: Pro Woche vermittelt die Leitstelle in Lemgo seither rund 30 Anrufer der 112 in den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst“, so Dr. Nordmann.

Für Jochen Brink (Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW) sollte bei der sektorenübergreifenden Organisation der ambulanten Notfallversorgung nicht die Frage „Wem gehört der Patient?“ im Vordergrund stehen, sondern vielmehr die Frage „Was nützt dem Patient?“. Regionale Besonderheiten sollten berücksichtigt und Lösungen vor Ort entwickelt werden. „Geht es vor Ort nicht voran, sollte das Land ggf. über das Gremium nach § 90a SGB V regulierend eingreifen können. Portalpraxen sind ein Lösungsansatz aber nicht der Einzige. Krankenhäuser sollten berechtigte Leistungserbringer in der ambulanten Notfallversorgung sein“, so Brink.